: Bernardine Evaristo
: Mr. Loverman Roman
: Tropen
: 9783608120363
: 1
: CHF 12.60
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 336
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
»Evaristo schreibt über das moderne Großbritannien wie keine Zweite.« The Guardian In diesem Roman zeigt Bernardine Evaristo einmal mehr, warum sie zu den wichtigsten Stimmen der britischen Gegenwartsliteratur zählt. Ihr unverwechselbarer Schreibstil, ihr trockener Humor, ihr scharfsinniger Blick auf das Zusammenspiel zwischenmenschlicher Beziehungen und gesellschaftlicher Ansprüche - all das verbindet sich in Mr. Loverman zu einem unvergleichlichen Streifzug durch die Caribbean Community in England. Barrington Jedidiah Walker, geboren und aufgewachsen in Antigua, liebt seine Retro-Anzüge und hat zu jeder Gelegenheit das passende Shakespeare-Zitat parat. Mit seiner Frau Carmel führt er ein beschauliches Leben in Hackney: zwei erwachsene Kinder, ein heimeliges Haus, Ruhestand. Doch unter der perfekten Oberfläche führt Barry ein Doppelleben. Seit Kindertagen liebt er seinen Freund Morris, der wie er als junger Mann nach England ausgewandert ist - und Morris liebt ihn. Die tief religiöse und von ihrer Ehe bitter enttäuschte Carmel ahnt, dass ihr Mann sie betrügt, allerdings hat sie keine Ahnung, mit wem. Während sich die Ehe der beiden auf den unvermeidlichen Abgrund zubewegt, entscheidet Barry, dass er endlich offen mit Morris zusammenleben will. Aber ist das möglich, nach all den Jahren des verborgenen Daseins? Mr. Loverman entlarvt die Irrtümer, denen wir in unserem Leben unterliegen. Mit welchen Konsequenzen müssen wir rechnen, wenn wir uns treu bleiben wollen? Und was, wenn die Angst vor diesen Konsequenzen einfach zu groß ist? »Wer Evaristos Bücher noch nicht kennt, sollte das unbedingt ändern - sie schreibt über das moderne Großbritannien wie keine Zweite.« The Guardian »Eine brillante und - wie Mr. Barrington Walker, Esq. selbst zugegeben haben könnte - ausgesprochen kluge Charakterstudie des modernen London.« Independent on Sunday »Das Schreckgespenst Homosexualität hat eine lange Tradition auf den Westindischen Inseln - Bernardine Evaristo widmet sich jedem Aspekt davon. Ein zarter, zukunftsweisender Roman.« The Spectator »Ein tiefgründiger, humorvoller und vor allem anrührender Roman. Evaristo erzählt uns von Lebenswelten, die wir zu kennen glauben, und räumt mit unseren Vorstellungen auf.« Independent »Ein wunderschön geschriebenes Buch, über das hinterher mit jedem reden möchte, den man kennt.« Bloggers Recommend »Evaristo erzählt mit genauem, auch gnadenlosen Blick, pointiert und ironisch von den Dingen, die zu lange im Schatten standen und bis heute stehen.« ttt

Bernardine Evaristo, geboren 1959, wuchs als viertes von acht Kindern in London auf. Sie ist Professorin für Kreatives Schreiben an der Brunel University London und Präsidentin der Royal Society of Literature. Sie gewann als erste Schwarze Autorin den Booker-Preis für ihren Bestsellerroman Mädchen, Frau etc. (2021). Außerdem bei Tropen erschienen: Manifesto. Warum ich niemals aufgebe (2022), Mr. Loverman (2023) und Zuleika (2024). 

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Die Kunst des Ehelebens


Samstag, 1. Mai 2010

Morris leidet an dem Gebrechen, das allgemein unter der Bezeichnung »Abstinenz« bekannt ist. O nein, kein Tropfen Fusel kommt ihm mehr über die Lippen, bis er mit den Füßen voran aus dieser Welt scheidet, hat er mir grad erst erklärt, in der Dancehall, während Mighty Sparrow sein »Barack the Magnificent« aus dem Soundsystem schmetterte.

Letztes Mal hatten wir das, als er beschloss, Vegetarier zu werden, ganz großer Witz, schließlich hat der Mann sein Leben lang so ziemlich jedes Teil vom Tier in sich reingestopft, bis auf Fell und Zähne. Aber egal, mit einem Mal fängt Morris an, im Gespräch mit exotischen Wörtern wie »Soja«, »Tofu« und »Quorn« um sich zu werfen, und mich fragt er, wie’s mir denn gefallen würd, wenn mir einer das Bein abhackt und es sich zum Abendessen brät? War mir nicht mal die Antwort wert. Anscheinend hatte er ne Doku über Legehennen gesehn, denen Wachstumshormone gespritzt werden, und messerscharf draus geschlossen, dass er dann demnächst zur Frau wird, dass ihm Männermöpse wachsen und dermehren gleich.

»Alles klar, Morris«, hab ich gesagt. »Aber mir fällt doch auf, dass du nach mehr als siebzig Jahren Hühnerverzehr immer noch keinenBH brauchst. Lass mal hörn, wie du dir das erklärst.«

Was soll ich sagen: Keinen Monat später komm ich an Smokey Joes Hühnerbraterei in der Kingsland High Street vorbei, und wen seh ich drinnen hocken und sich über sein Hähnchen hermachen, die Augen verdreht in wilder Ekstase, als wär er beim altgriechischen Bacchanal und würd von einem knackigen jungen Adonis mit nem Teller saftig goldiger Hähnchenschenkel gefüttert? Sein Gesicht, als ich reingestürmt kam und ihn ertappt hab, wie ihm noch das Fett übers Kinn läuft! Wieso ich da lache? Mann, Morris, du machst mich fertig.

Wir also in der Dancehall, zwischen all den schwitzigen, sexhungrigen Jungspunden (also, aus unserer Sicht), die mühelos mit den Hüften kreisen. Und ich immer bemüht, meine Hüften in ähnlicher Hula-Hoop-Manier zu schwingen, was sich inzwischen leider eher anfühlt, als würd man versuchen, ne r