Ein Puppenheim
Seit sechs Jahren waren sie verheiratet, aber sie sahen wie Verlobte aus. Er war Kapitän bei der Flotte und jeden Sommer ein paar Monate auf See. Zweimal hatte er eine große Expedition gemacht; die kleinen Fahrten taten ihm gut. Hatten sich während des winterlichen Stillesitzens Anzeichen von Muffigkeit angekündigt, so frischte die Sommerfahrt seine Laune wieder auf. Die erste Sommerreise aber war schwer! Da schrieb er seiner Gattin richtige Liebesbriefe, und er traf keinen einzigen Segler draußen auf dem Meer, ohne nicht gleich «Post» zu signalisieren. Und als er schließlich bei der Schärenküste wieder auf schwedisches Land stieß, wusste er nicht, wie er es anstellen sollte, um sie so schnell wie möglich wiederzusehen. Sie aber wusste es wohl. Bei Landsort erhielt er ein Telegramm, dass sie ihm nach Dalarö entgegenkomme. Und als sie dann bei Jutholm vor Anker gingen und er auf der Terrasse des Gasthofs ein kleines blaues Taschentuch entdeckte, da war ihm klar, dass sie es war. Aber an Bord war noch so viel zu erledigen, dass es Abend wurde, bevor er an Land gehen konnte. Als er dann endlich mit dem Ruderboot ankam, der vorderste Ruderer bei der Landebrücke den Stoß auffing und er sie auf dem Steg erblickte – gleich jung, gleich schön, gleich frisch wie immer –, da war ihm, er erlebe seine Flitterwochen noch einmal. Und als sie in den Gasthof hinaufkamen – welch ein schönes Souper hatte sie da zu arrangieren verstanden in den zwei kleinen Zimmern, die sie bestellt hatte! Wie viel sie einander zu erzählen hatten – von der Reise, den Kleinen und der Zukunft! Der Wein funkelte, die Küsse schmatzten, und dann hörte man vom Wasser her den Zapfenstreich. Aber das störte ihn nicht; er würde nicht vor ein Uhr gehen.
Wie? Er würde gehen? – Natürlich, er müsse an Bord übernachten, aber wenn er zur Weckzeit zurück sei, so genüge es. – Wann denn Weckzeit sei? – Um fünf! – Pfui, so früh! – Aber wo sie denn diese Nacht schlafen werde? – Das brauche er nicht zu wissen! – Er ahnte es aber und wollte sich den Ort gleich ansehen, doch sie stellte sich vor die Tür! Er küsste sie, nahm sie wie ein Kind auf den Arm und öffnete dann die Tür. – Oh, was für ein großes Bett! Wie die große Barkasse! Wo sie denn dieses Ding herbekommen habe. – Gott, wie sie errötete! Aber sie hatte doch seine Briefe so verstanden, dass sie im Gasthof «wohnen» würden. – Gewiss würden sie hier wohnen, wenngleich er zur Weckzeit an Bord zu sein habe; dieses verd… Morgengebet, das konnte ihm gestohlen werden. – Hu, wie er bloß rede!
«Nun wollen wir Kaffee haben und ein Feuerchen, denn die Leintücher fühlen sich feucht an!»
Was für ein kleiner verständiger Schelm sie doch war, ein so großes Bett besorgt zu haben! Wie sie sich das bloß beschafft habe. – Sie habe es doch nicht «beschafft»! – Nein, das glaube er gern. Und wie er das glaube! – Wie dumm er doch sei! – Er? Dumm? – Und dann umarmte er sie. – Nein, er solle doch artig sein! – Artig, das sei leicht gesagt.
«Da kommt das Mädchen mit dem Holz!»
Als die Glocke zwei Uhr schlug und es im Osten über den Schären und dem Wasser rot zu glühen begann, saßen sie am offenen Fenster. Es war, als sei sie seine Geliebte und er ihr Geliebter. War es nicht so? Und jetzt sollte er sie verlassen! Aber um zehn Uhr, zum Frühstück, würde er wiederkehren, und nachher wollten sie segeln. Da setzte er auf seinem Reisekocher Kaffee auf, und sie tranken Kaffee zum Sonnenaufgang und zum Gekreische der Möwen. Draußen auf dem Wasser lag das Kanonenboot, und von Zeit zu Zeit sah er den Säbel der Bugwache aufblitzen. Die Trennung war schwer, aber es war gut zu wissen, dass man sich so bald wiedersehen würde. Und dann küsste er sie zum letzten Mal, schnallte den Säbel um und ging. Als er zur Brücke hinunterkam und «Boot ahoi» rief, da versteckte sie sich hinter den Gardinen, als schämte sie sich. Er aber warf ihr mit beiden Händen Küsse zu, bis die Matrosen mit dem Boot an