: Hannah Luis
: Das Leuchten von Lavendel Roman - Ein unvergesslicher Sommer in der Provence mit leckeren Rezepten zum Nachbacken
: Heyne
: 9783641299552
: 1
: CHF 6.90
:
: Erzählende Literatur
: German
: 544
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Duftender Lavendel und die verführerischen Genüsse der Provence
Mit einem ihrer selbst gebackenen Kuchen will Emilia ihren trauernden Großvater auf andere Gedanken bringen. Doch dann findet sie in seinem Keller einen alten Brief mit einer französischen Adresse und einem Herz aus Lavendelblüten, das den Namen Jette umrankt. Von einer Jette hat jedoch noch nie jemand aus der Familie gehört. Ihr Opa weigert sich, darüber zu sprechen. Also reist Emilia in die Provence, um nach der Unbekannten zu suchen. Sie hilft bei der Ernte auf der Lavendelfarm, auf der bereits ihr Großvater in jungen Jahren gearbeitet hat. Verzaubert vom magischen Licht und dem verführerischen Duft, kommt Emilia dem Rätsel des Lavendelherzens schließlich auf die Spur. Als sie dem attraktiven Besitzer der benachbarten Farm begegnet, muss sie sich jedoch fragen, warum ihr eigenes Herz plötzlich schneller schlägt.

Hannah Luis studierte Skandinavistik, Publizistik und Sozialanthropologie in Bochum und Kopenhagen. Nach verschiedenen Stationen in Australien, England und der Schweiz kehrte sie nach Deutschland zurück. Heute lebt und schreibt sie in Essen, aber es zieht sie noch immer regelmäßig in die Ferne. Sie liebt es, Rezepte aus anderen Ländern mitzubringen und zu Hause auszuprobieren.

2


Emilia atmete auf, als sie vor Opa Walters kleinem, gemütlichem Haus stand, an dem das Efeu dringend gestutzt werden musste. Seit Renates Tod hatte er – hatten sie alle – ­solche Dinge vernachlässigt, aber das war in Ordnung. Erst einmal würden sie dafür sorgen, dass Opa Walter den Verlust verarbeitete, alles andere konnte warten.

Sie lockerte Arme und Beine, da ihr die lange Fahrt in den Knochen steckte, klingelte und lächelte, als sie Diane aus dem Inneren hörte. Sie freute sich auf das Wochenende, auch wenn die Stimmung nicht immer fröhlich sein würde. Aber die vergangenen Tage waren die schlimmsten gewesen, die sie jemals beiScheller erlebt hatte, und sie musste auf andere Gedanken kommen. Zwar waren ihre Befürchtungen nicht eingetreten – man hatte ihr keine Kündigung ausgesprochen –, aber selbst das wäre besser gewesen. Nein, Mirko und sein Vater hatten sie vorgestern ins Meeting gebeten und ihr die neuen Abteilungspläne vorgestellt.

In denen sie nicht mehr vorkam.

Stattdessen hatte Mirko versucht, ihr einen Platz am Empfang zu verkaufen. »Es hat in der Vergangenheit einige Schwierigkeiten und Fehlinformationen gegeben, und mit einer erfahrenen Kraft wie dir, die die Firma in- und auswendig kennt, würden wir so etwas in Zukunft vermeiden.«

Mit anderen Worten: Man plante, sie zur Sekretärin zu degradieren, und sie ahnte den Grund bereits, ehe sie den Namen an der Stelle im Organigramm las, an der ihrer stehen sollte: Jana Schumann.

Eduard Scheller war das Ganze sichtlich unangenehm gewesen, und er hatte mehrmals betont, dass sich ihr Gehalt in der neuen Position selbstverständlich nicht verringern würde. Emilia hatte dazu geschwiegen, da sie vor allem perplex gewesen war. Und auch wenn sie es ihrem Chef gegenüber noch nicht ausgesprochen hatte, war ihr klar, dass sie nicht mehr in der Firma bleiben konnte. Nicht, wenn sie täglich Jana begegnete, die nun ihre Aufgaben übernahm, während sie selbst Telefondienst schob und Dienstreisen für die anderen buchte.

Die Tür öffnete sich und riss sie aus ihren Gedanken. Emilia starrte in Opa Walters Gesicht – und erschrak. Er sah so dünn aus, so zerbrechlich! Bei ihrem Besuch direkt nach Renates Tod und den Videoanrufen war ihr das nicht so stark aufgefallen, doch seither schien er weiter abgebaut zu haben. Auf seiner stets braunen Haut lag eine ungesunde Blässe, die zahlreichen Falten hatten sich vertieft, und sein Blick war nicht mehr so entschlossen wie sonst, sondern hilflos. Haltsuchend. Als hätte er nicht nur seine Lebensgefährtin, sondern sich selbst verloren.

»Opa«, sagte Emilia und war selbst erstaunt, wie erschrocken sie klang.

Er versuchte ein Lächeln, doch seine Lippen zitterten. Ebenso wie seine Hand, als er sich über den Kopf fuhr, wo das weiße Haar wie das Efeu zu lang geworden war. »Emilia. Ich freue mich so, dich zu sehen.« Seine Stimme brach, und als ihr sonst so starker Opa versuchte, die Fassung zu bewahren, traten ihr die Tränen in die Augen.

»Ich freue mich auch«, sagte sie, blinzelte und versuchte ein Lächeln. Im nächsten Moment nahm er sie in die Arme, tätschelte ihren Rücken und hielt sich doch an ihr fest.

Sie legte den Kopf an seine Schulter, wie sie es so oft getan hatte, wenn es ihr nicht gut ging. Nur achtete sie dieses Mal darauf, ihn zu halten. »Ich bin da«, flüsterte sie, als ein Beben durch seinen Körper lief. In ihrem ganzen Leben hatte si