: Ali Smith
: Gefährten Roman
: Luchterhand Literaturverlag
: 9783641300180
: 1
: CHF 4.50
:
: Erzählende Literatur
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
»›Gefährten‹ ist, wie das Leben selbst, chaotisch, lustig, traurig, wunderschön und geheimnisvoll.« The Guardian

Wie keine andere fängt Ali Smith den Geist der Zeit ein und macht Hoffnung auf die Zukunft. Ihr neuer Roman ist eine überbordende Feier der Gemeinschaft in all ihren Facetten, zeitlos und gegenwärtig, legendär und rätselhaft, fordernd und tröstlich.

Sandy, eine Künstlerin, hütet Haus und Hund ihres Vaters, der während des Lockdowns im Krankenhaus liegt. Völlig unerwartet erhält sie den Anruf einer ehemaligen Studienkollegin, die sie ewig nicht gesehen hat und die ihr von einem merkwürdigen Traum erzählt. Nicht nur das, sie dringt samt ihrer Familie ungebeten in Sandys Leben ein. Und es entspinnt sich eine Geschichte über Freiheit und Unterdrückung, in der sich ein kunstvolles eisernes Schloss aus dem sechzehnten Jahrhundert und seine Schmiedin in die zunehmend chaotische Gegenwart drängen …

Ali Smith wurde 1962 in Inverness in Schottland geboren und lebt in Cambridge. Sie hat mehrere Romane und Erzählbände veröffentlicht und zahlreiche Preise erhalten. Sie ist Mitglied der Royal Society of Literature und wurde 2015 zum Commander of the Order of the British Empire ernannt. Ihr Roman »Beides sein« wurde 2014 ausgezeichnet mit dem Costa Novel Award, dem Saltire Society Literary Book of the Year Award, dem Goldsmiths Prize und 2015 mit dem Baileys Women’s Prize for Fiction. Mit »Herbst« kam die Autorin 2017 zum vierten Mal auf die Shortlist des Man Booker Prize sowie auf Platz 6 der SWR-Bestenliste, für »Sommer« erhielt sie den George Orwell Prize. 2022 wurde Ali Smith mit dem Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur ausgezeichnet.

’Allo ’allo ’allo. Wo soll’s denn hingehen?

Das ist die Stimme von Zerberus, dem Höllenhund mit den drei Köpfen (ein ’allo pro Kopf). Im antiken Mythos bewacht er das Tor zur Unterwelt und passt auf, dass kein Toter herauskommen kann. Seine Zähne sind messerscharf, seine Köpfe gleichen denen von Schlangen und erheben sich über seinem Rücken wie Federbüsche, er spricht aufgesetzt freundlich mit einem, scheint’s, guten alten britischen Bobby, was ein altmodisches Wort für einen Polizisten ist.

Dieser britische Polizist ist allerdings von heute, die neueste käufliche Version, und er hat den Styx überquert, steht am Eingang zur Unterwelt und zeigt den Zerberus-Köpfen Fun-Fotos von sich und anderen Uniformierten, auf denen sie herumalbern, das V-Zeichen über Bildern von Leichen echter Ermordeter machen und scherzhafte rassistische / sexistische Kommentare hinzufügen, Fotos, die er auf der lustigen Polizei-App herumgeschickt hat, die er und seine Kumpels zurzeit verwenden hier im Land der Union-Jack-Jüngelchen im Jahr des Herrn zweitausendeinundzwanzig, in dem diese Geschichte spielt, in der ich zu Beginn eines Abends in meinem Wohnzimmer auf dem Sofa ins Nichts starre, und Fantasie und Wirklichkeit sich auf beklemmende Weise miteinander vermischen.

Zerberus hebt nicht einmal eine Braue (dabei könnte er, wenn er wollte, sechs heben). Ist doch nichts Neues. Sollen sich die Leichen halt stapeln, je mehr, desto besser in einem Land in Trauer, das, permanent dazu angehalten, so tut, als wäre es kein Land in Trauer.

Tragödie versus Farce.

Hatten Hunde überhaupt Augenbrauen?

Ja, Sand. Plausibilität ist wichtig im Mythos.

Ich hätte, wenn ich es genau hätte wissen wollen, vom Sofa aufstehen, den Raum durchqueren und am Kopf des Hunds meines Vaters nachsehen können.

Aber mich kümmerte nicht mehr, ob Hunde Augenbrauen hatten.

Mich kümmerte nicht, welche Jahreszeit es war.

Oder welcher Wochentag.

Zu der Zeit war für mich alles Mist einer einzigen Mistigkeit. Ich verachtete mich sogar für dieses kleine Wortspiel, auch wenn das nicht meine Art war, denn ich liebte Sprache schon mein Leben lang, sie war bei mir die Hauptperson und ich ihre ewig treue Gefährtin. Doch zu der Zeit konnten sogar Wörter und alles, was sie konnten und nicht konnten, mich mal kreuzweise, und damit hatte es sich.

Dann leuchtete mein Handy auf dem Tisch auf. Das Licht leuchtete in dem dunklen Zimmer.

Ich hob das Handy hoch und starrte darauf.

Nicht das Krankenhaus.

Okay.

Eine mir unbekannte Nummer.

Jetzt überrascht es mich, dass ich überhaupt ranging. Ich werd wohl gedacht haben, vielleicht jemand, für den mein Vater gearbeitet hatte oder ein ehemaliger Kollege, und der hatte erfahren, was passiert war, und rief an und wollte wissen, wie es ihm ging usw. Eine Spur verantwortlich fühlte ich mich schon noch bei so was. Die Auskunft hatte ich ja parat.Noch nicht über den Berg. Unter Beobachtung.

Hallo?, sagte ich.

Sandy?

Ja.

Ich bin’s, sagte eine Frau.

Aha, sagte ich, nicht klüger als zuvor.

Sie nannte mir ihren Namen.

Heute heiße ich Pelf, mein Mädchenname ist Martina Inglis.

Es dauerte einen M