: Katharina Volckmer
: Der Termin Roman
: Kanon Verlag
: 9783985680016
: 1
: CHF 8.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 144
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dieser Roman ist obszön - und grandios! Katharina Volckmer ist mit ihrem Debüt zum internationalen Shootingstar einer neuen Literatur geworden. Auf Englisch verfasst, zielt ihr radikaler Roman auf die Deutschen und ihre Scham.In einer Londoner Praxis entblößt sich eine junge Frau aus Deutschland vor ihrem Arzt Dr. Seligman. Obwohl sie nur seinen Hinterkopf sehen kann, vertraut sie ihm ihr Innerstes an: ihre heimlicheLust, ihre Schuldgefühle und ihr Ringen um sichselbst. Obwohl sie sich von ihrer katholischen nachkriegsdeutschen Familie abgewandt hat und seit Jahren in London lebt, verfolgen sie die alten Geister. In einem messerscharfen Monolog nabelt sie sich noch einmal von ihrer Vergangenheit,aber auch von ihrer Gegenwart ab. Vom Umkleiden in der Badeanstalt bis zum Toilettenfick in der Bar begleiten wir eine junge Frau, die sich von ihrer Scham, ihrer Kultur und ihrer Geschlechtlichkeit fundamental befreit.'Katharina Volckmer ist eine Draufgängerin erster Güte. Ihr Roman steckt voller hypnotischem, poetischem Erfindungsreichtum und Witz ... So düster und brillant wie Naked Lunch und dabei hinreißend schön.' Ian McEwan'Erstaunlich, originell, verstörend und wunderschön. Der Termin ist ein lang überfälliger, radikaler Eingriff.'Chris Kraus, Autorin von 'I Love Dick'

Katharina Volckmer wurde 1987 in Deutschland geboren. Sie lebt in London, wo sie für eine Literaturagentur arbeitet. 'Der Termin' ist ihr erster Roman.

Das ist jetzt vielleicht nicht der beste Moment, um davon anzufangen, Dr. Seligman, aber ich musste gerade daran denken, wie ich einmal geträumt habe, ich wäre Hitler. Wenn ich so darüber rede, ist es mir immer noch peinlich, aber ich war es wirklich. Auf ein Heer fanatischer Anhänger blickend, stand ich auf einem Balkon und hielt eine Rede. Dazu trug ich diese Uniform mit den komisch gebauschten Hosenbeinen. Auf meiner Oberlippe konnte ich den kleinen Schnurrbart spüren, und meine rechte Hand flog durch die Luft, während ich mit meiner Stimme alle in meinen Bann zog. Ich weiß nicht mehr genau, worüber ich geredet habe – ich glaube, es ging irgendwie um Mussolini und einen absurden Expansionstraum –, aber das ist auch egal. Der Faschismus ist ja nur Ideologie um ihrer selbst willen, er vermittelt keine Botschaft, und am Ende waren uns die Italiener da sowieso voraus. Ich kann in dieser Stadt keine hundert Meter gehen, ohne irgendwoPasta oderEspresso zu lesen, und ihre grässliche Flagge hängt an jeder Ecke. Das WortSauerkraut sehe ich nie irgendwo. Es war immer ausgeschlossen, dass wir mit einer derart miserablen Landesküche ein Reich für tausend Jahre würden halten können, es gibt einfach Grenzen, was man den Leuten antun kann, und jeder normale Mensch würde nach einem Nachschlag von unserem sogenannten Essen anfangen, sich nach Freiheit zu sehnen. Das war schon immer unsere Schwäche, wir haben nie etwas geschaffen, das ohne höheren Zweck genossen werden kann – nicht umsonst gibt es im Deutschen kein Wort fürpleasure; wir kennen nurLust undFreude. Unsere Kehlen werden nie feucht genug, um jemandem mit Hingabe einen zu blasen, weil wir als Kinder zu viel trockenes Brot essen mussten. Kennen Sie dieses grauenhafte Brot, das wir andauernd essen und von dem wir allen erzählen? Eine Art selbsterhaltender Mythos. Ich glaube, es ist eine Strafe Gottes für all die Verbrechen, die wir begangen haben, insofern wird wohl nie etwas so Sinnliches wie ein Baguette oder etwas so Saftiges wie die Blaubeermuffins, die es hier gibt, aus diesem Land kommen. Es war einer