: Nina Nicolai
: Line reicht's Mami 2052 - Familienroman
: Blattwerk Handel GmbH
: 9783987572005
: Mami
: 1
: CHF 3.20
:
: Erzählende Literatur
: German
: 100
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Familie ist ein Hort der Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit. Wir alle sehnen uns nach diesem Flucht- und Orientierungspunkt, der unsere persönliche Welt zusammenhält und schön macht. Das wichtigste Bindeglied der Familie ist Mami. In diesen herzenswarmen Romanen wird davon mit meisterhafter Einfühlung erzählt. Die Romanreihe Mami setzt einen unerschütterlichen Wert der Liebe, begeistert die Menschen und lässt sie in unruhigen Zeiten Mut und Hoffnung schöpfen. Kinderglück und Elternfreuden sind durch nichts auf der Welt zu ersetzen. Genau davon kündet Mami. »Und wie war sie so? Deine Omimi meine ich natürlich.« Line Osterhoff war sichtlich zum Plaudern aufgelegt, wie ihr dicker blonder Zopf signalisierte. Wenn sie ihn nämlich über die Schulter nach vorn holte, die Spange abzog und damit begann, ihn aufzudröseln, stand ihr inneres Stimmungsbarometer auf Sonnenschein. Sturm war hingegen angesagt, wenn Line den Kopf so zurückwarf, dass der Zopf gegen ihren Rücken knallte. »Lieb war sie. Nie habe ich sie anders als gütig und nachsichtig erlebt.« Julia Osterhoff schien sich in ihren Erinnerungen an ihre geliebte Großmutter zu verlieren. Plötzlich verspannte sich ihr bis eben gelöstes Gesicht. »Obwohl es auch andere Meinungen gab.« »Hat jemand sie etwa nicht so nett gefunden?«, wollte Line prompt wissen, witterungsmäßig furchterregend talentiert. Die junge Frau erhob sich von der Küchenbank und sah sich aufseufzend um. »Das erzähle ich dir besser ein andermal. Heute haben wir verflixt viel zu tun. Vor allem müssen wir diese Trümmer rausschaffen, damit unsere Möbel Platz haben. Mir graut vor den Gardinen, da hat sich Staub von hundert Jahren verdichtet.« Line blieb auf der breiten Fensterbank sitzen, die Beine angezogen und mit beiden Armen umschlungen. Tiefenentspannt. »Du warst noch nie so gut im Ablenken, Mami«

»Und wie war sie so? Deine Omimi meine ich natürlich.« Line Osterhoff war sichtlich zum Plaudern aufgelegt, wie ihr dicker blonder Zopf signalisierte. Wenn sie ihn nämlich über die Schulter nach vorn holte, die Spange abzog und damit begann, ihn aufzudröseln, stand ihr inneres Stimmungsbarometer auf Sonnenschein.

Sturm war hingegen angesagt, wenn Line den Kopf so zurückwarf, dass der Zopf gegen ihren Rücken knallte.

»Lieb war sie. Nie habe ich sie anders als gütig und nachsichtig erlebt.« Julia Osterhoff schien sich in ihren Erinnerungen an ihre geliebte Großmutter zu verlieren. Plötzlich verspannte sich ihr bis eben gelöstes Gesicht. »Obwohl es auch andere Meinungen gab.«

»Hat jemand sie etwa nicht so nett gefunden?«, wollte Line prompt wissen, witterungsmäßig furchterregend talentiert.

Die junge Frau erhob sich von der Küchenbank und sah sich aufseufzend um. »Das erzähle ich dir besser ein andermal. Heute haben wir verflixt viel zu tun. Vor allem müssen wir diese Trümmer rausschaffen, damit unsere Möbel Platz haben. Mir graut vor den Gardinen, da hat sich Staub von hundert Jahren verdichtet.«

Line blieb auf der breiten Fensterbank sitzen, die Beine angezogen und mit beiden Armen umschlungen. Tiefenentspannt. »Du warst noch nie so gut im Ablenken, Mami«, stellte sie fest.

Julia fühlte sich ertappt.

»Stimmt«, gab sie achselzuckend zu und wich dem forschenden Tochterblick wohlweislich aus. »Eigentlich weiß ich gar nicht, wo ich am besten anfangen soll.«

»Vorn«, bemerkte die achtjährige Line. »Das sagt jedenfalls Frau Schiller immer, wenn ich Probleme mit meinem Text habe. ›Fang vorn an, Pauline. Mit dem ersten Wort. Das zweite dackelt automatisch hinterher. Und der Rest ist ein Kinderspiel‹.«

»Okay.« Die junge Frau sah sich kritisch um.

»Nur Frau Schiller nennt mich in der Schule Pauline.«

Julia klappte die Backofentür auf. »Iiih!«

»Line finde ich besser.« Das Mädchen stieß einen Seufzer aus. »Aber das ist Schnee von gestern. Weil ich sie sowieso nicht mehr sehen werde. Frau Schiller, mein ich. Und alle anderen.«

»Du kannst sie jederzeit besuchen.«

»Vorhin hast du gesagt, dass wir in nächster Zeit gruselig viel zu tun haben werden, um Omimis Haus auszumisten.«

»Eigentlich war sie deine Uromimi.«

»Ich werde sie Uri nennen. Hat sie hier ganz allein gewohnt?«

»Nur die letzten Jahre ihres Lebens. Als sie jung war, gab es natürlich noch den Opa Karl. Der hat übrigens viel selbstgemacht, weil er ein begabter Handwerker war. Die Treppe zum Beispiel.«

»Jetzt ist sie ziemlich morsch. Das Geländer wackelt.«

»Tja, wie so vieles«, murmelte Julia und wirkte wieder bedrückt. »Du, ich starte oben, mit unserem Schlafzimmer. Gelüftet haben wir ja schon. In den nächsten Tagen nehmen wir uns dann das Erkerzimmer vor, das dein Zimmer werden soll. Einverstanden?«

»In welchem Zimmer ist sie denn gestorben, die Uri?«

»Wer? Ach so. Du, Omimi ist im Krankenhaus gestorben, weil sie zuletzt sehr krank war. Zum Glück hat sie nicht leiden müssen. Und es ist schnell gegangen. Ganz friedlich war ihr Abschied.«

»Arme Uri.«

»Ja. Sie fehlt mir sehr. Weil …«

Es war ja klar, dass Line nicht locker lassen würde. »Weil?«

»Wir standen uns wirklich sehr nahe. Ich glaube, ich war mehr hier als in der Stephanstraße.«

»Da wohnen deine Eltern, oder?«

»Meine Mutter und ihr zweiter Mann. Martin ist mein Stiefvater«, antwortete Julia mit schmalen Lippen.

»Du kannst ihn nicht leiden.«

»Nicht sehr. Und mir wäre es lieb, wenn wir …«

»Mami, ich bin kein Baby mehr. Ich krieg ziemlich viel mit.«

Da richtete sich Julia auf, stemmte eine Hand in die Seite und betrachtet