Prolog
24. Juli, 8 Uhr morgens
Der Tote hieß Carson Dyle. Er befand sich in einem derart schrecklichen Zustand, dass es schwer war, seinen Anblick zu ertragen, selbst wenn man wie Sichu Dorksteiger schon sehr viel Grauen gesehen hatte.
Teile seines Gesichts, die linke Schulter und die Hälfte des Brustkorbs waren halb zersetzt, wie durch Säure aufgelöst. Der letzte Ausdruck in seinen gebrochenen Augen hatte sich als panischer Schrecken eingebrannt.
Der Verwaltungschef der Halbwelt, Elias Frühwirth, hatte die Leiche in den frühen Morgenstunden auf seiner Joggingrunde in Etage E III, demWald, entdeckt. Der Mörder hatte sich gar nicht erst die Mühe gemacht, ihn zu verstecken. Die Leiche lag gleich neben dem Hauptweg, den Frühwirth jeden Tag nahm. Der Verwalter war ein gemütlich wirkender Terraner Anfang 50, der sehr gerne naschte und deshalb einiges durch Sport wieder wettmachen musste.
Silen war wie immer bei ihm gewesen, der Roboter in Gestalt eines Fauns. Die beiden waren praktisch unzertrennlich, was eine gute Grundlage für harmlose Frotzeleien seitens der Mannschaft bildete, worauf die beiden nie eingingen.
Frühwirth und Silen war es gelungen, sich bei der Invasion der Panjasen zu verstecken und tatsächlich bis zur Befreiung vor zwei Wochen verborgen zu halten. Perry Rhodans Ansprache, nachdem die Panjasen geflohen waren, jedoch die MAGELLAN entgegen aller Annahmenicht untergegangen war, hatte sie – und andere wie sie – hervorgelockt.
Während der Besetzung hatten Frühwirth und Silen immer wieder kleine Sabotageakte riskiert. Selbstverständlich war dem Verwalter dabei bewusst gewesen, dass er keine nachhaltige Wirkung erzeugen konnte, aber etwasmusste er tun. Er war nicht in der Lage, die MAGELLAN zu befreien, aber er konnte dem einen oder anderen Gefangenen in kleinem Rahmen helfen. Gerade so, dass es zufällig wirkte und kein Misstrauen erregte.
Nun schien sich alles zum Besseren zu wenden ... und wurde dennoch schwieriger. Für alle.
Sichu Dorksteiger, offizielle Kommandantin der MAGELLAN, konnte sich nicht erinnern, wie viel Schlaf sie in den letzten Tagen bekommen hatte.
Dorksteiger wandte sich um, als sie ein Geräusch hinter sich hörte. Die Ferronin Elandra Howirth, derzeit amtierende kommissarische Chefmedikerin, kam aus dem Nebenraum. Ihre Vorgesetzte, die Ara Paizin, war – wie die meisten Besatzungsmitglieder – nach Ghyzarasch verschleppt worden.
»Wie geht es Elias?«, fragte Dorksteiger knapp.
»Ich habe ihm ein leichtes Beruhigungsmittel gegeben, er erholt sich schnell. Aber es ist kein Wunder, dass es ihm allmählich an die Nieren geht, bei all den Vorfällen der letzten Zeit. Ich habe dir Silens Aussage überspielt, ebenso seine Aufzeichnungen bei der Entdeckung der Leiche.«
Dorksteiger nickte. »Danke. – Gibt es belastbare Obduktionsergebnisse?«
Der Pathologe, ein Posbi namens Ganschaq, steuerte die Medos. Gleichzeitig waren seine vielfältigen Arme im Einsatz. Das zur Dokumentation projizierte Holo zeigte rasende Kolonnen an Auswertungsdaten.
Ganschaq hatte einen Kugelkopf mit einer Humanfolie, ähnlich wie Dynsweiler, und einen Kugelrumpf mit rundum liegenden, frei beweglichen Armen. Er hielt sich mittels Antigrav beständig in der Schwebe und navigierte geschickt und schnell.
Der Kugelkopf drehte sich mit dem Scheingesicht Dorksteiger zu. Er könnte problemlos mitten in den Raum sprechen, doch wegen seines Plasmaanteils war ihm bewusst, dass humanoide Lebensformen die direkte Ansprache mit Augenko