Endstation Assisi. Als der Bus am Abend auf dem großen Parkplatz ankommt, bin ich der einzige und letzte Fahrgast. Alle anderen sind schon vorher ausgestiegen, in Bologna oder Florenz. Als ich mir den Rucksack auf den Rücken schwinge, erschrecke ich ein wenig darüber, wie schwer er ist. Für die nächsten Tage ist eine Hitzewelle angesagt. An die vierzig Grad sollen es werden. Ich halte mich für ziemlich fit, aber auf den Treppen und in den steilen Gassen hinauf in die Oberstadt komme ich ins Schwitzen. Eine Steintafel auf der Mauer weist mir den Weg: »Zu den deutschen Schwestern von S. Croce«.
Die Schwestern sind Nonnen des Klarissenordens, die in Assisi ein Kloster gegründet haben und ein Gästehaus unterhalten, in dem ich mich angemeldet hatte. Sie berufen sich auf die heilige Klara von Assisi. Chiara – so ihr italienischer Name – war eine Freundin von Francesco. Die beiden kannten sich schon seit Kindertagen und manche behaupten, sie seien ineinander verliebt gewesen. Nachdem Franz sein altes Leben aufgegeben hatte und in die Wälder gezogen war, riss Klara, die einer adligen Familie entstammte, von zu Hause aus, um sich Franz anzuschließen. Ein Wanderleben wie Franz hat Klara nie geführt. Das war für Frauen undenkbar. Sie lebte zusammen mit ihren Mitschwestern bis zu ihrem Tod zurückgezogen im Kloster San Damiano vor den Toren Assisis.
An der Pforte werde ich von einer Schwester, die für das Gästehaus zuständig ist, freundlich empfangen. Sie zeigt mir mein Zimmer. Es geht hinaus auf eine Terrasse und einen kleinen Garten. Von dort hat man einen weiten Blick in die umbrische Ebene. Im Gespräch erfahre ich, dass die Schwestern von Santa Croce in Klausur leben, das heißt, sie dürfen das Areal des Klosters nur in Ausnahmefällen verlassen. Ihr Alltag besteht darin, in der Küche oder im Garten zu arbeiten und die festgelegten Zeiten für das Gebet einzuhalten. Ich gestehe der Schwester, die ich auf Mitte sechzig schätze, dass ich mir ein solches Leben für mich nicht vorstellen könne. Sie lächelt und meint, dass sie von Gästen immer wieder gefragt werde, ob das Leben, das sie und ihre Mitschwestern führen, noch zeitgemäß sei. Sie kann verstehen, dass es für Außenstehende schwer ist zu begreifen, warum die Schwestern in dieser Gemeinschaft sich nicht eingesperrt fü