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Langsam kam sie wieder zu Bewusstsein. Ihr Schädel dröhnte, und schon die kleinste Bewegung tat ihr weh. Sie wollte etwas sagen, aber der Knebel in ihrem Mund ließ nur ein unterdrücktes Stöhnen zu. Schlagartig wurde Melinda klar, dass sie sich in äußerster Gefahr befand. Sie versuchte die Panik, die sich wie ein Tsunami in ihr ausbreitete, irgendwie unter Kontrolle zu bekommen. Erfolglos. Sie spürte, wie ihr der Schweiß ausbrach. Ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen, und ihre Gedanken, die nur aus Angst bestanden, rasten unaufhaltsam durch ihren Kopf.
Sie war kein gläubiger Mensch, das war sie nie gewesen. Ihre Eltern hatten sie ohne einen religiösen Bezug erzogen, und Kirchen hatte sie nur aus touristischem Interesse besucht. Einzig ihre geliebte Oma hatte früher abends mit ihr gebetet, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war. Wer weiß, wofür es gut ist, hatte sie immer gemurmelt und ihr dabei liebevoll über den Kopf gestrichen. Melindas Herz pochte, als sie an die alten Gebete dachte, voller Angst, dass sie womöglich doch umsonst aufgesagt wurden.
Was war passiert?
Es hatte geklingelt, und durch die Gegensprechanlage hatte sie gefragt, wer vor der Tür stand. »Paketlieferung«, eine Antwort, die sie im Prinzip jeden Tag zu hören bekam. Sie bestellte nicht nur alles online, sondern bekam auch jede Menge Testprodukte zur Verfügung gestellt, die ihr nahezu täglich gebracht wurden. Und da sie von zu Hause arbeitete, nahm sie auch noch alle Pakete der Nachbarn an. Daher kannte sie praktisch jeden Boten, DHL, Hermes, GLS, UPS, was auch immer; einige mochte sie mehr, andere weniger.
Aber als sie jetzt die Tür geöffnet hatte, hatte sie den Boten nicht erkennen können. Er hatte seine Kappe tief in die Stirn gezogen und den Blick auf den Boden gerichtet. Dann hatte er ihr ein Paket überreicht, ziemlich groß und sperrig, und sie damit im selben Moment in die Wohnung gedrückt. Plötzlich hatte sie diesen Schmerz gespürt, und danach war es erst mal dunkel geworden. Er hatte sie niedergeschlagen, das war ihr jetzt kla