1. KAPITEL
„Meine Damen und Herren, hier spricht Ihr Flugkapitän“, tönte die blecherne Stimme aus den Lautsprechern. „Ich darf Ihnen mitteilen, dass wir unser technisches Problem beseitigt haben und nun auf den nächsten freien Startplatz für unseren Direktflug nach Lyon warten.“
Na endlich, dachte Nicole und schaute auf die Uhr ihres Handys. Die Maschine war schon verspätet in London eingetroffen, sodass sie später als geplant hatte einsteigen können. Mittlerweile hatten sie über zwei Stunden Zeit verloren. Spontan entschied sie sich, noch einmal ihre Chefin anzurufen, denn bisher hatte niemand an Bord angeordnet, dass die Mobiltelefone ausgeschaltet werden mussten.
„Nicole“, rief Barbara aufgeregt. „Sag mir nicht, dass ihr immer noch nicht gestartet seid!“
„Aus der Luft dürfte ich mich wohl kaum melden.“ Nicole seufzte. „Aber immerhin hat der Kapitän gerade angekündigt, dass es demnächst losgeht.“
„Eigentlich solltest du im Landeanflug auf Lyon sein“, jammerte Barbara. „Da haben wir alles so genau durchgetaktet, und jetzt schaffst du es nicht mehr rechtzeitig zur Modenschau.“
„Ja, das fürchte ich auch“, sagte Nicole frustriert. „Im Prinzip könnte ich direkt wieder aussteigen, aber das werden die mir kaum gestatten.“
„Tja, das ist dann das Ende.“ Barbara seufzte. „Am besten werfe ich gleich noch mal einen langen letzten Blick auf mein Atelier und verabschiede mich gedanklich schon mal davon. Und ich hatte so darauf gebaut, du könntest …“
„Beruhige dich, Barbara. Ich fahre auf jeden Fall ins Hauptquartier des Kunden und schaue, was sich machen lässt.“ Ich wäre besser bereits gestern geflogen, dachte Nicole missmutig. Aber da war noch nicht alles fertig, und außerdem hatte ihre Chefin die Hotelkosten sparen wollen.
Nicole verabschiedete sich und schaltete ihr Handy in den Flugmodus, denn nun rollte das Flugzeug tatsächlich rumpelnd in Richtung Startbahn.
„Ach du liebe Zeit“, rief ihre Sitznachbarin aus. „Haben Sie gerade davon gesprochen, dass Sie aussteigen wollen? Ich käme sofort mit.“ Sie umklammerte die Seitenlehnen so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.
Ihr Englisch hatte einen deutlichen französischen Akzent, sodass Nicole ihr auf Französisch antwortete: „Dafür ist es jetzt leider zu spät, Madame. Aber machen Sie sich keine Sorgen, es wird schon alles gut gehen.“
„Sie sprechen Französisch“, erwiderte die Französin dankbar. „Vielleicht ist das ein gutes Zeichen. Es beruhigt mich. Wissen Sie, ich habe solche Flugangst, ich weiß gar nicht, wieso ich mich zu dieser Reise habe überreden lassen. Nächstes Mal kann meine Freundin zu mir nach Lyon kommen, das schwöre ich.“
Nicole musste lächeln. „Leben Sie in Lyon?“
Die Frau nickte. „Oh ja, ich habe fast mein ganzes Leben dort verbracht. Und Sie? Ich dachte ja erst, dass Sie Engländerin sind, Mademoiselle, doch so perfekt, wie Ihr Französisch ist …“
„Oh, das bin ich. Aber meine Mutter stammt aus Le Havre und hat immer Französisch mit mir gesprochen. Ich heiße Nicole, Nicole Fairfax.“
„Denise Marchand“, murmelte die Frau.
Nicole spürte, dass Denise nicht bei der Sache war, sondern sich zusehends mehr verkrampfte.Ich sollte sie ein bisschen ablenken, damit sie sich nicht so auf ihre Flugangst konzentriert. „Sagen Sie … wenn Sie a