SO HACKT DER PROFI
ANDREAS BREITFELD
So wie der Stefan muss man’s nicht machen. Die ersten Schritte in ein besseres Leben gelingen am besten, wenn sie erstens nicht zu groß sind und zweitens nicht zu viele. Und wenn Sie sich drittens einen klugen Verbündeten suchen.
1. WIE MAN EINE BIOHACKING-KARRIERE RICHTIG BEGINNT
Wenn ich mir diese erste Kolumne vom Stefan so durchlese, bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich Angst vor dem Mann haben muss oder ob ich ihn ganz liebevoll in den Arm nehmen möchte, ihm über den Kopf streichen und zärtlich zu ihm sagen: »Ist ja alles gar nicht so schlimm, mein Lieber.«
Stefans Neigung zur hyperventilierten Übermotivation ist gar nichts Unübliches, so was begegnet mir oft: Leute beginnen mit dem Biohacking, sie entdecken ungeahnte positive Veränderungen an sich, sie verlieren Gewicht, sie legen Muskelmasse zu, sie schlafen besser, und diverse Wehwehchen verschwinden wie von Zauberhand. Sie glauben, sie haben das Rezept für Lebensglück, Unsterblichkeit und Weltfrieden entdeckt.
Die Leute kippen augenblicklich rein in diesen Kaninchenbau Biohacking, ins »rabbit hole«, wie die Amerikaner sagen, und verirren sich hoffnungslos, verrennen sich in die labyrinthischsten Details, geben wahnsinnig viel Geld für Dinge mit bestenfalls zweifelhaftem Effekt aus und gehen ihrer Umwelt mit einem irren Übereifer enorm auf den Geist.
Was der Stefan in seiner ersten Kolumne beschreibt, ist gar nicht so übertrieben, wie es klingt.
2. WAS DER COMPUTER UND DER MENSCH GEMEINSAM HABEN
Grundsätzlich geht es beim Biohacking darum, die Kontrolle über die unterschiedlichsten biologischen Prozesse zu erlangen, die in der Summe menschliches Leben heißen.
So weit, so hochtrabend – und zugleich so einfach.
Der Name Biohacking ist tatsächlich ein Verweis zum Computerhacken und geht auf den Amerikaner Dave Asprey zurück. Asprey, in seinem zweiten Leben der Godfather of Biohacking (zum Teil selbst ernannt, verzeihen Sie den Seitenhieb), war in seinem ersten Leben Computer-Millionär. Unter anderem stellte er Google die ersten Server zur Verfügung.
Daves Grundannahme: Der Mensch ist ein komplexes System, ebenso wie ein Computer oder ein Netzwerk. Und wer dieses System verstanden hat, der kann eingreifen – um ihm zu schaden (wie das Hacken ja üblicherweise verstanden wird) oder um seine Funktion zu optimieren. Letzteres versuchen wir.
Biohacking bedeutet also den Versuch, das System Mensch zuerst zu kapieren und es dann durch punktuelle Eingriffe zu optimieren.
3. DER ANFÄNGERFEHLER: MESSEN, MESSEN, MESSEN – UND DAS WICHTIGSTE VERGESSEN
Eine frühe Strömung im Biohacking war die sogenannte »Quantified Self«-Bewegung. Das waren Jungs und Mädels, die gefühlt Mitte der 2000er-Jahre damit begannen, mit Schrittzählern, Pulsmessern, Körperfettwaagen, Herzratenvariabilitätsmonitoren und ähnlichen, meist unfreiwillig komischen, weil wahnsinnig sperrigen Dingern ihr Leben zu vermessen. Sie sammelten Daten, wahnsinnig viele Daten, zum Großteil wegen der noch eher unfortschrittlichen Technologie wahnsinnig unzuverlässige Daten, und dann saßen sie