Von Gropiusstadt nach Teltow
Links ist Brandenburg. Der Blick geht durch zwei Baumreihen über Felder in die Ferne und sucht den Horizont. Rechts ist Berlin, Asphalt und Beton und Stadtbäume und zu wenige Menschen, die sie gießen. Links Brandenburg, rechts Berlin, links Felder, rechts Stadt. Links steht, ein paar hundert Meter entfernt, der SkyPoint, der tatsächlich so heißt. Es ist ein mit Gras bewachsener Hügel, der aus 4,5 Millionen Tonnen West-Berliner Hausmüll besteht, der Anfang der Siebzigerjahre über einen speziellen Grenzübergang nach Großziethen gebracht wurde. Ich sehe zwei Gestalten, die den Hügel hinauflaufen, und oben angekommen auf der platten Kuppe, es scheint dort sehr windig zu sein, strecken sie, voneinander Abstand haltend, ihre Arme seitlich aus und bleiben eine Weile so stehen.
Ein halbes Jahr später werde ich auf den SkyPoint steigen, weil mich der Anblick nicht losgelassen hat. Die Sicht ist gut und der Blick geht weit über die Stadt, da ist der Fernsehturm, da ist die weiße Kuppel des Radarturms auf dem Tempelhofer Feld, weiter links müsste irgendwo der Bierpinsel sein. Ich entdecke ihn nicht, vielleicht ist er auch nicht hoch genug. Der Bierpinsel war so etwas wie das geheime Wahrzeichen West-Berlins, zumindest im Süden, mindestens in Steglitz, auf jeden Fall in der Schloßstraße. Ganz sicher ist er noch immer eines der merkwürdigsten Bauwerke der Stadt. 1976 als »Turmrestaurant Steglitz« eröffnet, was auch sicherlich kein allzu attraktiver Name war, verpasste der Volksmund diesem neuen Wesen den Berolinismus »Bierpinsel«, weil er wohl ein bisschen aussieht wie ein Rasierpinsel. Eigentlich, finde ich, und ich komme oft an ihm vorbei, sieht er aus wie ein Baum, ein mittlerweile rot angestrichener Baum. Doch ist er nur ein 47 Meter hoher Turm, auf den ein mehreckiger, vier Stockwerke hoher Bau gesetzt wurde, seitlich verläuft ein offenes Treppenhaus. In dem Turm befindet sich ein Fahrstuhl. Der Bierpinsel ist direkt an eine Brücke gebaut worden, die über die Schloßstraße, eine Einkaufsstraße, führt. Kurz nach der Fertigstellung stand das Gebäude erst mal leer, dann wechselten in fröhlicher Regelmäßigkeit die Restaurants, Bars und Diskotheken. Heute steht der Bierpinsel wieder leer. Er gehört zu den Landmarken von Steglitz. Sollten Sie sich also irgendwann mit Ihrem Luftschiff oder Ihrer Cessna verflogen haben und am Horizont etwas sehr Absurdes sehen, wissen Sie, wo Sie sind.
Mein Blick geht weiter über die Stadt, da sind die Antennenkuppeln auf dem Teufelsberg, und je länger ich hier oben stehe, desto großartiger erscheint mir dieser Ort. Ich bin nun seit meiner Entdeckung dieses Hügels einige Male hier gewesen, auch bei Regen, auch bei Wind, habe die Kinder hochgescheucht, habe in die Sonne geschaut, habe den Hügel umrundet, bin an ihm mit dem Fahrrad vorbeigefahren, weiter Richtung Süden. Ich sah die weidenden Rinder und den Raps zwischen dem Hügel und Gropiusstadt wachsen, den Raps irgendwann blühen und die Rinder nicht. 1987 entstand zur 750-Jahr-Feier Berlins ein Lied, durch das ich Gropiusstadt kennenlernte, zumindest vom Namen her. Die Musiker U.W.A. Heyder und Rainer Kon