: Katharina Herzog
: Finsterwelt 1. Das verbotene Buch
: Dressler Verlag GmbH
: 9783986420123
: Finsterwelt
: 1
: CHF 8.10
:
: Kinderbücher bis 11 Jahre
: German
: 240
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In ein Internat für Kinder aus Märchenfamilien zu gehen, ist nicht so wunderbar wie es klingt, wenn man vom Froschkönig abstammt. Es ist schon schwierig genug, 12 zu sein, aber sich unkontrolliert in einen Frosch zu verwandeln, ist noch viel, viel schlimmer! Und das passiert Leonie ausgerechnet vor Tristan, dem neuen, gut aussehenden Jungen, von dem keiner so richtig weiß, aus welcher Familie er eigentlich kommt. Als Leonie die alte Märchenkammer im Dornröschenturm entstauben muss, öffnet sie ein Buch, das ihr dort in die Hände fällt. Das hätte sie besser nicht getan! Am nächsten Tag hat es ihre beste Freundin Marle scheinbar nie gegeben. Einzig Tristan erinnert sich an sie - können Leonie und er das Geheimnis dahinter lüften und ihre Freundin retten? Es war einmal, im Märcheninternat - Ende gut, alles gut? Noch nicht. Denn Grimms Märchen gehen weiter. - Ein mysteriöses Buch, ein großes Geheimnis: Was ist wohl mit Rotkäppchens Märchen passiert? - Tauche ein in die magischen Welten der Gebrüder Grimm und erlebe ein Schulabenteuer über Mut und Freundschaft. - Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute - auf einer Schule voller Magie und Fantasie. - Das Kinderbuchdebüt von SPIEGEL-Bestseller-Autorin Katharina Herzog: eine Geschichte, die verzaubert.

Katharina Herzog ist erfolgreiche Autorin für Frauenunterhaltung. Sie lebt mit ihrer Familie, Pferd und Hund bei München und ist mit ihren Leserinnen auf Social Media in regem Austausch.

Prolog


Der Mond schien hell, als Otto durch den Geheimgang, von dem nur er wusste, das Schloss verließ. Kreisrund wie ein Teller stand der Mond am tintenschwarzen Himmel und beleuchtete den abschüssigen Pfad vor ihm. Obwohl der dunkle Wald Otto keine Angst machte – das taten andere Dinge –, war der Zwerg froh, dass der Mond für ein wenig Licht sorgte. Blöderweise war er ohne Taschenlampe aufgebrochen.

»Danke, alter Freund!« Otto hielt sein faltiges Gesicht in den perlmuttfarbenen Schein.

Der Zwerg hatte das warme, kuschelige Bett in seiner Hütte nicht aus Aufregung darüber verlassen, dass morgen die Schüler aus den Weihnachtsferien kamen, Otto war mitten in der Nacht aufgestanden, weil er nicht schlafen konnte. Das kam in der letzten Zeit häufiger vor. Eine düstere Vorahnung hielt ihn wach. Und seine Vorahnungen trogen ihn leider nur selten. Außerdem gab es deutliche Anzeichen!

Erst waren es nur Kleinigkeiten gewesen: An der Bohnenranke in seinem Gewächshaus waren auf einmal Erbsen gewachsen. Ein paar Tage später hatten sich die Kürbisse zu Miniaturkutschen verwandelt, die wie Matchbox-Autos darin herumgesaust waren. Das alles war irgendwie noch ganz lustig gewesen, und Otto hatte es für einen harmlosen Scherz gehalten. Sicher war einem der Lehrer, die in den Ferien in der Schule geblieben waren, langweilig gewesen! Gestern jedoch waren auf einmal alle Mäuse und Ratten so hektisch aus dem Schloss geströmt, dass einige von ihnen dabei in den Wassergraben gefallen waren. Man hätte meinen können, dass der Rattenfänger von Hameln sie gerufen hätte. Oder dass sie vor etwas geflohen wären … Aber vor was? Oder … vor wem?

Vor Giacomo und Giselle, den beiden Schlosskatzen, sicherlich nicht. Giacomo, der eitle, faule Kerl, hielt es für unter seiner Würde, sie zu jagen, obwohl er genau dafür angestellt worden war. Auch Giselle wirkte auf Otto so mordlustig wie sonst auch.

Was war also passiert?

Inzwischen hatte er den rutschigen Pfad verlassen und stapfte querfeldein in den verschneiten Wald hinein. Schon bald würde er die versteckte Lichtung erreichen, auf der die Einhörner nachts weideten.

Immer wenn Otto nicht schlafen konnte, ging er sie besuchen. Er liebte alle Tiere. Aber diese edlen Geschöpfe hatten es ihm besonders angetan.

Tagsüber streiften sie in der Gestalt von grauen, zottigen Ponys frei herum und bettelten Spaziergänger um einen Kanten Brot oder eine Möhre an. Sobald die Nacht hereingebrochen war, zogen sie sich tiefer in den Wald zurück, wo sie – geschützt vor neugierigen Blicken – zu Einhörnern wurden.

Wie der Zwerg vermutet hatte, war die Herde bereits da. Sein Herz ging auf, als er die eleganten Wesen mit den wallenden Mähnen und Schweifen und den funkelnden Hörnern sah. Er blieb im Schutz einer mächtigen Eiche stehen und schaute zu, wie sie an einer Quelle standen und tranken. Sie streiften gemeinsam durch die Wälder, ganz so wie eine gewöhnliche Pferdeherde. Otto hatte ihnen Namen gegeben: Esmeralda, Saphira, Rubina, Opal … und Manfred. Dermürrische Manfred.

Er war ein Nachfahre des Einhorns, das im MärchenDas tapfere Schneiderlein zu einer bescheidenen Berühmtheit gekommen war, und darauf bildete er sich ganz schön was ein.

Es musste sein Selbstbewusstsein sein, das Manfred zum Anführer der Herde gemacht hatte. An seinem Aussehen konnte es auf jeden Fall nicht liegen, denn er war der Unansehnlichste der Truppe. Manfreds Fell war weniger glänzend als das der anderen, seine Mähne und sein Schweif waren weniger lang und seidig. Das einzig Spektakuläre an ihm war sein Horn. Es war lang und spitz, sicher fast fünfzig Zentimeter, und er hatte keinerlei Skrupel, es zu gebrauchen, wenn es darum ging, seinen Willen