: Brian Fagan, Nadia Durrani
: Klima. Mensch. Geschichte. Für die Zukunft von unseren Vorfahren lernen
: Franckh-Kosmos Verlags-GmbH& Co. KG
: 9783440506653
: 1
: CHF 19.00
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: Natur und Gesellschaft: Allgemeines, Nachschlagewerke
: German
: 352
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Sämtliche Zivilisationen in der Geschichte litten unter Klimainstabilitäten. Für einige der mächtigsten Hochkulturen bedeuteten sie sogar den Untergang. Was können wir daraus lernen? Meteorologie und Archäologie können heute sowohl die Klimageschichte als auch die Reaktionen der Menschen darauf im Detail nachzeichnen. Die Lektion ist klar: Die vorausschauend planenden Gesellschaften hatten die größten Überlebenschancen. Dieses Buch zeigt eindrucksvoll, wie unsere Vorfahren mit chaotischem Klima zurechtkamen und welche Strategien wir daraus ableiten können, um im Kampf für eine bessere und sichere Zukunft zu bestehen.

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VORWORT

Nekhen, Oberägypten, ca. 2180 v. Chr. Anchtifi war ein sehr mächtiger Mann in einem von Zwist und Hunger geplagten Ägypten. Er war ein Nomarch, der höchste Beamte eines Verwaltungsbezirks (Gau), und somit zumindest theoretisch ein Untergebener des Pharaos, de facto jedoch einer der einflussreichsten Männer des Staates. Schritt er in feierlicher Prozession zum Tempel des Sonnengottes Amun, umgaben ihn schwer bewaffnete Leibwächter. Dabei war er ganz in Weiß gekleidet, trug eine perfekt frisierte Perücke und Ketten aus Halbedelsteinen um seinen Hals. Im hellen Sonnenlicht schaute der Staatsmann weder nach links noch nach rechts. Dabei schien er die Menschenmassen zu ignorieren, die sich entlang des Weges versammelt hatten. Er trug seinen langen Amtsstab und die zeremonielle Keule (Streitkolben) in Händen sowie einen reich verzierten, geknüpften Gürtel um die Taille. Unaufhörlich ließen die ihn begleitenden Wachen ihre Blicke nach vorn und nach hinten schweifen, stets auf der Hut vor Speeren und Messern. Die Menschen hatten leere Mägen, denn die Lebensmittelrationen, die sie bekamen, waren äußerst dürftig. Diebstahl und andere kleine Gewalttaten nahmen zu. Ein Horn ertönte, als der mächtige Mann den Tempel mit dem dunklen Schrein betrat, in dem der Sonnengott ihn bereits erwartete. Stille kehrte ein, als der Nomarch Amun seine Opfergaben darbrachte und für eine gute Überschwemmung betete, um die Not der letzten Jahre zu mildern.

So war es schon seit vielen Generationen, länger als viele Bauern dieser Region sich erinnern konnten. Unten am Nilufer hatten Priester den Fluss seit Tagen beobachtet und seinen Pegel an den Stufen des Flussufers markiert. ­Einige von ihnen waren der Verzweiflung nahe, denn sie erkannten, dass die Flut zurückging. Doch sie blieben voller Hoffnung, denn sie glaubten daran, dass die Götter den Fluss und die Fluten lenkten, die ihn flussaufwärts nährten. ­Anchtifi war ein starker, geradliniger Mann, der seinen Verwaltungsbezirk mit eiserner Hand führte. Er rationierte die Nahrungsmittel, überwachte die Bewegungen der Menschen und schloss die Grenzen zu seinem Gau – dies alles jedoch mit der tief im Herzen verwurzelten Überzeugung, dass sie alle der Gnade der Götter ausgeliefert waren. Schließlich war es schon immer so gewesen.

Gemeinsam mit seinen Zeitgenossen lebte Anchtifi in einer ägyptischen Welt, die vom Nil beherrscht wurde. Es war ein Leben in unruhigen Zeiten, in denen die erhofften Überschwemmungen oft gering und die Hungersnöte groß waren – nicht wesentlich anders, als wir es heute erleben. Die Klimaherausforderungen, denen wir uns gegenwärtig stellen müssen, sind global und von noch nie da gewesenem Ausmaß. Unzählige Menschen, von Politikern über religiöse Führer bis hin zu Aktivisten und Wissenschaftlern, verkünden, dass die Zukunft der Menschheit auf dem Spiel steht. Viele Experten ermahnen uns, dass wir noch immer eine Chance haben, um unseren Kurs zu korrigieren und das mögliche Aussterben zu verhindern. Obwohl dem tatsächlich so ist, haben wir dennoch das gewaltige E