: Andreas Jungwirth, Anne Schelzig, Bettina Barkhoven, Dima Lubimov, Emilia Grace, Gepo Lynx, Lena Ric
: Martin Wolkner
: Queeres entdecken 2022 Kurzgeschichten, Erzählungen und Romanauszüge vom 2. Litfest homochrom
: Tredition
: 9783347722873
: 1
: CHF 2.70
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 390
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
'Queeres entdecken 2022' ist der zweite Band des Litfests homochrom in Köln und bietet ein buntes Panorama aktueller, ausgewählt guter queerer Literatur. Im Juli 2022 lasen 36 Autor*innen ihre abwechslungreichen Texte beim 2. Litfest, dem bisher größten Festival für deutschsprachige Literatur mit LSBTIAQ-Bezug, welches im August 2021 erstmals stattfand. Neben den Lesevideos und Podcasts erscheinen in dieser Anthologie, die zu einem kostengünstigen Preis angeboten werden, auf prallen 376 Seiten stolze 24 der besten Kurzgeschichten, Erzählungen und Romanauszüge mit einer Leselänge von zirka 25-30 Minuten, einschließlich aller drei Publikumspreisgewinner und mehrerer unveröffentlichter Texte, um von dir entdeckt zu werden - und um dir hoffentlich Lust auf mehr queere Literatur zu machen.

Andreas Jungwirth

»Wir haben keinen Kontakt mehr«

Bernd

Er würde gerne ein Reh schießen, hat David gesagt. Um es bluten zu sehen, hat er gesagt. Er hat ein Gewehr angelegt – eines, das gar nicht da war. Und er hat die Luft angehalten, als würde er wirklich mit einem Gewehr auf ein Reh zielen.

Drück schon ab!, hab ich gesagt.

David hat nicht abgedrückt. Stattdessen hat er das Gewehr in meine Richtung bewegt, hat mir die Mündung auf die Brust gesetzt.

Hast du Angst?, hat er gefragt.

Nicht ich habe gezittert, warum auch, es war ja kein Gewehr da. Er hat gezittert. Und plötzlich flüstert er, das Gewehr immer noch im Anschlag: Was ich an dir mag, ist das Geheime / jedes Wort zu viel ist schon Gefahr / denn so schnell verfällt ins Allgemeine / was zuvor so ganz besonders war …

Ich habe jedes Wort gehört, aber kein Wort verstanden: Ist das von dir?

Was denkst du? Hab ich Talent?

Wir waren vierzehn. Ich hatte ein eigenes Zimmer, er nicht. Wir trafen uns immer bei mir. Immer nur zu zweit. Sein Zimmer habe ich nie gesehen. Von ihm zu mir zu kommen, bedeutete fünfundvierzig Minuten Fahrradfahren, an der Kirche und am Wirtshaus im Dorf vorbei, beim Elektrogeschäft rechts abbiegen, in die Straße mit den Einfamilienhäusern. Dort hatten auch meine Eltern direkt am Waldrand in den Sechzigerjahren ein Haus gebaut. So hieß auch die Straße: Am Waldrand.

Als