1. Kapitel
Im Bug des Schiffs, hoch über dem Meer, steht ein siebzehnjähriges Mädchen – wie eine Galionsfigur aus Holz, die Arme regungslos, das Haar fein geschnitzt und golden bemalt.
Das Schiff trägt das Mädchen mit dem Wind nach Norden, in scheinbar immerwährender Ruhe. Die Flaggen hängen, zu Stofffetzen verknotet, schlaff vom Mast, der Rauch steigt wie eine graue Säule aus dem Schornstein. Das Meer, nicht das Schiff, scheint sich fortzubewegen. Es bricht sich am Bug und tost schäumend den Rumpf entlang. Es spült Seetangreste und auf den Wellen tanzendes Treibholz mit sich. Möwen und Alken flattern davon, doch die junge Frau blickt starr geradeaus.
Neben ihr kauert, ganz in Rot, ihre Tochter. Sie ist zu klein, um über die Reling zu blicken. Sie guckt durch die ovale Trossenklüse, die kleinen Hände am Metall festgeklammert. Wie eine Katze auf der Fensterbank starrt sie zwischen beiden Händen hindurch aufs Meer hinaus und zwischen den Knien hat sie ein rotes Plastiktäschchen eingeklem