: Judith Herrin
: Ravenna Hauptstadt des Imperiums, Schmelztiegel der Kulturen
: Theiss in der Verlag Herder GmbH
: 9783806245264
: 1
: CHF 28.30
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: Vor- und Frühgeschichte, Antike
: German
: 704
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ravenna - Byzanz des Westens und Stadt der Mosaike Einst war Ravenna der Treffpunkt der griechischen, lateinischen, christlichen und barbarischen Kulturen und der Dreh- und Angelpunkt zwischen Ost und West. Während Rom sich provinzialisierte, erlebt die neue Hauptstadt des Weströmischen Reichs eine Blütezeit. Ungewöhnlich lebhaft erzählt Judith Herrin nicht nur von der bewegten Geschichte Ravennas, sondern auch von den Menschen dieser Zeit: von Kaiserinnen und Königen, Gelehrten und Ärzten, aber auch von Handwerkern und dem Alltagsleben in der Stadt. - Detailreich und lebendig: Porträt der Hauptstadt des frühchristlichen Europas - Aufstieg und Fall einer Metropole: Wie Ravenna zum »Byzanz des Westens« wurde - Von Herrschern und Bürgern: Leben in einer spätantiken Stadt - Meisterlich erzählt: Judith Herrins Sachbuch wurde mehrfach ausgezeichnet - Prächtige Zeugen der Vergangenheit: Fotos der Kirchen und Mosaiken Ravennas   Vom römischen Hafen zur Hauptstadt: der Aufstieg Ravennas Als im Jahr 402 n. Chr. eindringende Stämme aus dem Norden Mailand belagerten, verlegte der weströmische Kaiser Honorius den Regierungssitz nach Ravenna. Bis ins Jahr 751 war die goldglänzende Stadt an der Adria zunächst die Hauptstadt des Weströmischen Reiches, dann die des riesigen Königreichs des Goten Theoderich und schließlich das Zentrum der byzantinischen Macht in Italien. Die überwältigend schönen frühchristlichen Kirchen mit ihren Mosaiken, die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden, zeugen von dieser Zeit des Umbruchs. Judith Herrin lässt diese Epoche dank ihres fundierten Wissens wieder lebendig werden. Die renommierte Althistorikerin, Archäologin und Expertin für Byzanz ist auch eine glänzende Stilistin, was ihr Buch zu einem besonderen Lesevergnügen macht.

Judith Herrin ist eine mehrfach ausgezeichnete und sehr renommierte Althistorikerin, Archäologin und Byzantinistin. Bis zu ihrer Emeritierung war sie Professorin für Spätantike und Byzantinische Studien am King's College in London. Für ihre bahnbrechenden Arbeiten über die frühmittelalterliche Mittelmeerwelt erhielt die vielfach ausgezeichnete Erzählerin und glänzende Stilistin 2016 den als »holländischen Nobelpreis« bezeichneten Heineken-Preis für Geschichte. Cornelius Hartz ist Klassischer Philologe und arbeitet als freier Lektor, Autor und Übersetzer in Hamburg.

Einführung


Als sich im Jahr 1943 die alliierten Streitkräfte darauf vorbereiteten, in Italien einzumarschieren und das Land zu besetzen, konzipierte der britische Marine-Geheimdienst vier Handbücher „ausschließlich zur Benutzung durch Personen im Dienste Seiner Majestät“, die über alle Aspekte des Landes berichten sollten. Der erste Band erschien im Februar 1944, fünf Monate nach der ersten Landung der Alliierten. Randvoll mit Diagrammen und ausklappbaren Karten, beschrieb er auf 600 Seiten Italiens Küsten- und Regionaltopografie. Band 2 und 3 behandelten ausführlich die Geschichte, Bevölkerung, Straßen, Eisenbahnen, Landwirtschaft und Industrie des Landes. Der letzte, 750 Seiten starke Band, der im Dezember 1945 erschien, bot knappe, aber durchaus akkurate Beschreibungen der 70 Binnen- und 48 Küstenstädte des Landes. Der Text zu Ravenna, einer kleinen Stadt an der Adria im Norden Italiens, begann mit der ebenso kurzen wie respekteinflößenden Aussage: „Als Zentrum frühchristlicher Kunst ist Ravenna unerreicht.“

Doch als der Band veröffentlicht wurde, lagen weite Teile der Stadt in Trümmern, auch einige ihrer unvergleichlichen frühchristlichen Kunstwerke waren in den 52 alliierten Bombenangriffen zerstört worden. Im August 1944 wurde die Basilika San Giovanni Evangelista von Fliegerbomben getroffen, die für den Bahnhof und die Abstellgleise bestimmt waren. Die Mitte des 5. Jahrhunderts errichtete Kirche hatten prächtige Mosaiken geziert. Die Bodenmosaiken waren bereits verloren gegangen, als die Kirche im 17. Jahrhundert modernisiert worden war. 1944 wurde das gesamte Gebäude in Schutt und Asche gelegt.1

Wenn Sie noch nie in Ravenna waren, haben Sie wirklich etwas verpasst, und dieses Buch soll das außergewöhnliche Erlebnis, das ein Besuch dort bedeutet, lebendig werden lassen. Ich beginne meine Darstellung der einzigartigen Rolle und immensen Bedeutung Ravennas mit solch wehmütigen Gedanken an die Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg, um deutlich zu machen, was mich veranlasst hat, dieses Buch zu schreiben.

Die Italiener zählen zu den besten Kunstrestauratoren der Welt. Gleich nach dem Krieg machten sie sich daran, ihr kunsthistorisches Erbe in Ravenna wieder instand zu setzen. Um Geld dafür zu sammeln und den Fremdenverkehr wieder auf Touren zu bringen, zeigte man eine Ausstellung mit Reproduktionen einiger der prächtigsten Mosaiken der Stadt. In den 1950er-Jahren war die Ausstellung u. a. in Paris, London und New York zu sehen. Als sie in England Station machte, besuchte meine Mutter, die damals als Allgemeinmedizinerin tätig war, diese Ausstellung.

Ein paar Jahre später beschloss sie, selbst nach Italien zu reisen und ihrer Tochter das Land zu zeigen. Und so näherten wir uns 1959 vom Norden her Ravenna, um uns die Mosaiken anzuschauen, die sie seit der Ausstellung so faszinierten. Ich weiß noch genau, wie wir den Glockenturm der Abtei Pomposa erspähten, dessen rote Ziegel in der untergehenden Sonne schimmerten. In der Stadt beeindruckte mich besonders das Mausoleum der Galla Placidia mit seinem Mo