: Klaus Hahlbrock
: Natur und Mensch Der lange Weg zum ökosozialen Bewusstsein
: Allitera Verlag
: 9783869066301
: 1
: CHF 7.10
:
: Natur, Technik
: German
: 161
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB/PDF
Die Bedrohung der Erde hat viele Gesichter: Übervölkerung, Umweltzerstörung, Klimawandel, Wüstenbildung, Artenschwund und Ressourcenknappheit sind nur einige. Eine Milliarde Menschen verfügen nicht über ausreichend Nahrung, Millionen von ihnen verhungern jährlich. Wo bislang der Mensch im Überfluss lebte und unseren Planeten bedenkenlos schröpfte, ist nun ein Wandel hin zu einem ökosozialen Bewusstsein - bestimmt von Gemeinsinn und Vorsorge - zwingend notwendig. Denn nur so kann, wie Klaus Hahlbrock, Professor für Biochemie und ehemaliger Direktor am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln, zeigt, der Fortbestand des Homo sapiens im Einklang mit der Natur auch für die kommenden Generationen gesichert werden.

Vorwort

Ein Problem kann nicht von demselben Bewußtsein
gelöst werden, das es geschaffen hat.

(ALBERT EINSTEIN)

Sind wir uns immer dessen bewußt, was wir tun? Wie oft denken wir darüber nach, warum wir etwas tun– ob wir es wirklich tun wollen oder vielleicht nur deshalb tun, weil»es schon immer so war« und»andere es ja auch tun«? Wird unser Handeln nicht viel mehr von eingeprägten Gewohnheiten, Konventionen und einem angeborenen Herdentrieb bestimmt als von eigenen, bewußten Entscheidungen? Und denken wir, bevor wir etwas tun, auch immer an die möglichen Konsequenzen?

Machen wir uns zum Beispiel die langfristigen globalen Folgen unseres Lebens imÜberfluß, des Raubbaus an den tropischen Regenwäldern, der Verschmutzung unserer Umwelt und der zunehmenden Versiegelung der Böden bewußt? Oder das absehbare Ende unserer auf andauerndes Wachstum fixierten Konsumwelt sowie die sozialen,ökologischen undökonomischen Konsequenzen der rasch mitwachsenden Armut vieler Menschen auf Kosten des rapide zunehmenden materiellen Reichtums vergleichsweise weniger?

Ist esüberhaupt denkbar, daß unser Bewußtsein noch rechtzeitig von einer derart fest eingeprägten Gewinnund Konsumorientierung auf ein vorausschauendes und zukunftsicherndes Verhalten umsteuert? Die Fülle kaum noch zu bewältigender Probleme– heute nennen wir sie»Krisen«– müßte doch längst ausreichen, um ein problembewußtes Handeln einzufordern.

Bei der Suche nach einer Antwort gibt uns das oben zitierte Wort von Albert Einstein einen wertvollen Hinweis. Denn neben einer grundsätzlichen Aussageüber unser Bewußtsein enthält es implizit auch eine Aufforderung und eine entscheidende Frage. Indirekt fordert es uns zu Problembewußtsein auf und stellt damit zugleich auch die ergänzende Frage, inwieweit die Bereitschaft und die Fähigkeit dazuüberhaupt vorhanden sind. Und dahinter steht wiederum die unüberhörbare Forderung, uns der vielen selbstgeschaffenen Probleme bewußt zu werden, sie ernst zu nehmen und dann auch tatsächlich zu lösen.

Doch wenn das Verhältnis zwischen Bewußtsein und Handeln so einfach wäre, hätte Einstein den Satz wohl kaum so formuliert. Denn die Entwicklung jedes einzelnen Bewußtseins ist ein lebenslanger undäußerst komplexer Prozeß, auf den die Betroffenen nur sehr begrenzten Einfluß haben. Entscheidende, vielleichtdie entscheidenden Entwicklungsschritte erfolgen sogar schon so frühzeitig, daß wir dies weder bewußt wahrnehmen noch uns später daran erinnern. Die früheste, zunächst noch sehr sporadische Erinnerung an bewußt wahrgenommene Begebenheiten setzt normalerweise erst im Alter von ungefähr drei Jahren ein, wenn wesentliche Grundlagen des Bewußtseins bereits gelegt sind.

Um dies an einem konkreten Beispiel zu erläutern, beginne ich mit einem eigenen frühkindlichen Erlebnis, das mein weiteres Leben, einschließlich der Motivation zum Schreiben dieses Buches, stark geprägt hat.

Zu meinen frühesten Erinnerungen gehört die»Arbeit« im Garten meiner Großmutter. Ein Foto aus dieser Zeit– ich muß etwa zwei Jahre alt gewesen sein– zeigt mich mit Gartenschürze und einer kleinen Gießkanne beim Blumengießen.

Meine eigene Erinnerung beginnt damit, daß ich von der Großmutter lernte, daß Pflanzen regelmäßig Wasser brauchen, außerdem genügend Licht, das ihnen die Kraft zum Wachsen gibt, lockeren Boden, damit die Regenwürmer und andere Kleintiere ihre Arbeit verrichten können, und ab und zu Dünger als Nahrung– wie ich meinen Grießbrei und meinen Kakao. Vorsichtig grub sie mit mir Regenwürmer aus, wir stauntenüber ihre Beweglichkeit ohne Beine und legten sie ebenso vorsichtig wieder zurück in ihre unterirdische Werkstatt. Wir suchten nach Spinnennetzen, um die Kunstfertigkeit der flinken Achtbeiner beim Knüpfen ihrer Netze und beim Einspinnen der Beute zu bewundern, und wir jubelten gemeinsam, wenn bunte Schmetterlinge auf den Blüten landeten und mit ihren Rüsseln Honig saugten.

Später im Jahr ernteten wir die Früchte und das Gemüse, deren Entwicklung wir von der Blüte oder der Aussaat bis zur Reife verfolgt hatten. Dabei erinnerten wir uns noch einmal an alles, was wirüber die verschiedenen Wachstumsstadien vom Samen bis zur reifen Frucht,üb