IKONOSTASE
Das Gedeck für die Vorfahren stellte Jana wie immer in der Nacht auf den ersten November hinaus, doch diesmal nur aufs Fensterbrett.
Draußen, im Nebel, würden sich ihre Vorderen an Brot und Fleisch und Zucker und Schnaps und Tabak laben, sich an Speise und Trank zumindest sattsehen, während sie hier drinnen bereits einen Aberglauben nährte. Und damit begann es. Damit hatte es schon immer begonnen. Das Vom-Erzählen-Erzählen. Oder das Eindringen in eine Welt in der Welt, die immer ferner wurde und dennoch nie verschwand, sondern als störendes Element immer dort auftauchte: Wo man selber des Feuers Schmied war; wo ein Glück sich doch leichttingeln-dengeln ließ.
Melodisch wiejingle jangle morning bei Bob Dylan, aber nicht Mr. Tambourine Man, sondern ein Sensenmann, aber nicht der Todbringende, sondern der Sensen-Tingelnde, Sensen-Dengelnde; diesesting, ting, ting, das für Jana so lebendige Geräusch und die dazugehörige Gestalt: Konratio, der als literarische Figur weiterlebte.
Ein einst realer, später verewigter Charakter, der alte Jenische, dessen gestrige Geschichten geblieben waren, ihr präsent, durch sie präsent, lebendig, weil Jana sowohl Bewahrerin als auch Verräterin des zu Erzählenden war. Und wie Konratio eine, deren »Volk« es nicht geben sollte, weil da nie ein Königreich gewesen war, kein eigenes Land, keines, aus dem man oder frau gekommen wäre, keine mythische Ursprungsgeschichte wie jene, dass sie zur Zeit der Arche Noah in Jenesien verweilten, wegen Noahs Bruder Jakob und seiner Spielleute samt ihren Tieren, und dass sie keine blutigen Opfer zollten.
Ich kenne kein Land, das mich wollte. Dieser Song von Harald Schwinger, Jana und den Jenischen gewidmet, hatte es ebenso wenig zu Berühmtheit geschafft wie Konratio in