Das Menschenbild
Im ersten Teil der Grundlagen wird auf ein Menschenbild eingegangen, das zur Förderung konvivialer Gemeinschaften dient. Die Sichtweisen des Menschen haben starken Einfluss darauf, wie wir mit unseren Nächsten umgehen, was wir ihnen zugestehen, womit wir bei ihnen rechnen und mit welcher Haltung wir ihnen gegenübertreten.
Immer wieder steuern feindselige Haltungen die Kommunikation, denken wir nur an Hate-Speeches im Internet, Falschmeldungen und Verleumdungen, Mobbing, Diffamierung oder gar rechte Propaganda. In solchen Dialogen erleben wir die Abwertung des Menschen, die einseitige Verhaftung in Problemlagen oder die Stigmatisierung von Personen und Personengruppen. Nicht selten verursachen unreflektierte Meinungen Aggression und Gewalt gegenüber Mitmenschen, die wir nicht einmal kennen. So kann man gutes Zusammenleben nicht gestalten.
Insofern ist es von großer Bedeutung, mit welchen Einstellungen wir anderen gegenübertreten. Es ist ein ständiger Auftrag, unser eigenes Menschenbild zu überprüfen. Denn auch wir sind nicht davor geschützt, in destruktive Sichtweisen abzugleiten, selbst wenn es nur kurze Momente dauert. In diesen Situationen eigene Irrtümer nicht zu verdrängen, verlangt ein gesundes Selbst-Bewusstsein. Denn beide Gedanken sind im Menschsein, das Gute wollen und das Böse tun. Umso wichtiger ist es, im Laufe des Lebens die eigenen Bilder stetig zu verbessern, sofern sie uns nicht schon mit der Erziehung mitgegeben wurden. Außerdem werden die folgenden Abschnitte mit persönlichen Erfahrungen angereichert.
Der Mensch mit seiner Geschichte – der historische Kontext
Der Mensch ist kein Wesen, das seine Existenz allein aus dem Hier und Jetzt begründet. Er besitzt eine persönliche Geschichte; er hat Eltern, welche durch Erziehung Einfluss auf ihn nehmen. Und deren Erziehung ist wieder durch die Großeltern geprägt. So gehört zu unserer Prägung stets der historische Kontext, aus dem wir kommen, einschließlich der eigene Familiengeschichte. Es macht eben einen Unterschied, ob jemand aus einer Handwerkerfamilie stammt, die seit Generationen durch einen bestimmten Beruf geprägt wurde, so wie meine Familie, die seit über 400 Jahren aus Landwirten und Zimmerleuten besteht. Es macht auch einen Unterschied, ob jemand aus einem gehobenen Milieu kommt, dem es nicht vergönnt war, die Realitäten einer ungerechten Welt hautnah zu erleben. Es macht einen Unterschied, ob jemand eine glückliche Kindheit verbrachte, oder einen Elternteil durch ein Unglück schon früh verlor.
Menschen, denen wir begegnen, bringen ihre eigene Geschichte mit. Und die Geschichte prägt sie in ihren Werten und Einstellungen, in ihren Haltungen, in dem, was sie im Leben vorhaben, welche Berufe sie ergreifen und mit wem sie die Begegnung suchen. Schlüsselerfahrungen können Menschen neu prägen, Vertrauen wecken und optimistische Grundhaltungen verstärken.
Als Diakon und Sozialarbeiter in Nürnberg gehört die Obdachlosenzeitung „Der Straßenkreuzer“ zu meiner regelmäßigen Lektüre. Man kann die Zeitschrift nicht abonnieren. So muss ich mich auf den Weg mac