Wie umweltbewusst sind Mitglieder christlicher Gemeinden?
Wie in der Einleitung angedeutet finden sich in der Bibel zahlreiche Hinweise, durch die sich eine Wertschätzung der Natur als Gottes Schöpfung begründen lässt. Andererseits gibt es Stimmen, die der christlichen Theologie vorwerfen, eine rücksichtslose Ausbeutung der Natur zu rechtfertigen. Wie steht es also um das Umweltbewusstsein von Christen? Unterscheiden sich die Einstellungen und das Verhalten von Mitgliedern christlicher Gemeinden in dieser Hinsicht von denen der deutschen Gesamtbevölkerung? Dies waren Fragen, die in dieser Studie untersucht wurden.
Das Umweltbewusstsein der Deutschen wird seit 1996 im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt (BMU) im zweijährigen Rhythmus mit repräsentativen Studien untersucht. Die 2019 veröffentlichte Studie9 wurde daher als Vergleich für diese Untersuchung genutzt und ein Teil der Fragen direkt übernommen. Dabei ging es um die subjektive Einschätzung der Umweltqualität, die Bewertung der Bedeutung von Umwelt- und Klimaschutz und das persönliche Umweltbewusstsein.
Beurteilung der Umweltqualität und die Bedeutung von Umwelt- und Klimaschutz
Die Studie fragte nach der subjektiven Einschätzung der Umweltqualität am Wohnort, in Deutschland und weltweit (Tab. 3). Dabei zeigten sich in unserer Untersuchung unter Gemeindemitgliedern die gleichen Tendenzen wie in der repräsentativen Umfrage des BMU. Mit zunehmender Entfernung wurde die Umweltqualität als schlechter beurteilt. Beim Vergleich der Mitglieder der verschiedenen Gemeindeverbände zeigt sich, dass die Mitglieder der Freien evangelischen Gemeinden (FeGs) und des Gnadauer Verbandes die Umweltqualität insbesondere in Deutschland etwas positiver beurteilen als die Mitglieder der Landeskirchen oder der Durchschnitt der Deutschen (BMU 2019).
Tabelle 4: Subjektive Einschätzung der Umweltqualität.
am Wohnort | gut | 82 % | 77 % | 87 % | 78 % |
in Deutschland | gut | 55 % | 71 % | 76 % | 61 % |
* k. A.: keine Antwort.
Eine weitere Frage widmete sich den wichtigsten Problemen, denen sich unser Land gegenübersieht. Dazu sollten zehn Problemfelder nach ihrer Bedeutung bewertet werden. Übereinstimmend wurden der Zustand des Bildungswesens, soziale Gerechtigkeit und Umwelt- und Klimaschutz als die drei wichtigsten Bereiche genannt. Anders als bei den anderen Gruppen rangierte bei den Mitgliedern der evangelischen Landeskirchen der Umwelt- und Klimaschutz dabei auf Platz 1 vor dem Zustand des Bildungswesens und sozialer Gerechtigkeit.
Tabelle 5: Bedeutung von Problemfeldern.
Rang 1 | Umwelt/Klimaschutz | Bildungswesen | Bildungswesen | Bildungswesen |
Rang 2 | Bildungswesen | soziale Gerechtigkeit | soziale Gerechtigkeit | soziale Gerechtigkeit |
Rang 3 | soziale Gerechtigkeit | Umwelt/Klimaschutz | Umwelt/Klimaschutz | Umwelt/Klimaschutz |
Persönliches Umweltbewusstsein
Für die Bewertung des persönlichen Umweltbewusstseins wurden für die Studie des BMU die Kategorien Umweltkognition, Umweltaffekt und Umweltverhalten entwickelt. Umweltkognition betrifftBewertungen dieses Themenfeldes, Umweltaffekt die positive und negativeBetroffenheit und Umweltverhalten beruht auf eigenen Angaben zuVerhaltensweisen10. Es liegt eine Skala von 0 (niedrig) bis 10 (hoch) zugrunde. Um den unterschiedlichen Anteil an hochengagierten Gemeindegliedern (siehe Tab. 1) zu berücksichtigen, wurde beim Vergleich zwischen Personen, die sich im Vergleich zur Mehrheit der Mitglieder ihrer Gemeinde als schwächer, durchschnittlich oder stärker an Naturschutz und Nachhaltigkeit interessiert einschätzten, unterschieden. Die Abbildungen 4 bis 6 zeigen die Ergebnisse für die Mitglieder der drei Gemeindeverbände sowie die Durchschnittswerte der Deutschen.
Abbildung 1: Umweltkognition in Abhängigkeit von Gemeindezugehörigkeit und Interesse an Naturschutz.
Abbildung 2: Umweltaffekt in Abhängigkeit von Gemeindezugehörigkeit und Interesse an Naturschutz.
Abbildung 3: Umweltverhalten in Abhängigkeit von Gemeindezugehörigkeit und Interesse an Naturschutz.
Auch hinsichtlich der Kenngrößen des Umweltbewusstseins wurden ähnliche Ausprägungen und Tendenzen wie in der Studie des BMU beobachtet. Die Werte der Umweltkognition waren etwas höher als die des Umweltaffekts, während das Umweltverhalten deutlich zurückblieb. In allen Kategorien erreichten die Mitglieder der Landeskirchen höhere Werte als die Mitglieder der FeGs oder Gnadauer Gemeinden. Diese Unterschiede waren vor allem bei den Gemeindegliedern mit schwächerem oder durchschnittlichem Interesse an Naturschutz ausgeprägt.
Ausgewählte Fragen zum Umweltbewusstsein
Als Beispiele für Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen sollen im Folgenden die Ergebnisse zu einigen Einzelfragen dargestellt werden. Um die Gemeindegruppen besser vergleichen zu können, wurden bei den folgenden Ergebnissen nur Befragte berücksichtigt, die ihr Interesse für Naturschutz als durchschnittlich bewerteten. Bei der Umweltkognition und dem Umweltaffekt wurde nach der Zustimmung (zwischen „stimme überhaupt nicht zu“ bis „stimme voll und ganz zu“) zu verschiedenen Aussagen gefragt.
Als Aspekt derUmweltkognition wurden Grenzen des Wirtschaftswachstums von Mitgliedern der evangelischen Landeskirchen stärker wahrgenommen als von Mitgliedern Freier evangelischer und Gnadauer Gemeinden (Abb. 4). Ähnlich waren auch die Zustimmungen zur Aussage, dass wir nicht mehr Rohstoffe nutzen sollten, als nachwachsen können, und dass wir Verantwortung dafür tragen, nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Umwelt zu hinterlassen.
Abbildung 4: Zustimmung zu Grenzen des Wachstums (Online-Umfrage, Befragte mit durchschn. Interesse an Naturschutz)
BeimUmweltaffekt geht es um positive und negative Gefühle bezüglich Umweltveränderungen und Naturschutz. Der Anteil von Personen, die die Umweltproblematik für übertrieben halten, ist in den untersuchten christlichen Gemeinden eher etwas geringer als in der Gesamtbevölkerung (Abb. 5). Hinsichtlich der Umweltbedingungen für künftige Generationen zeigten...