Verliebt in einen Asperger-Mann
Zunächst sieht die Frau nur den attraktiven Mann, der faszinierend anders ist als die Männer, die sie bisher kannte, und sie auf ungewöhnliche Weise umwirbt.
Der Mann hinter der Mauer
Sie stand auf der Anhöhe und betrachtete das kleine Anwesen weiter unten im Tal. Es war das einzige Anwesen weit und breit. Vor einiger Zeit hatte sie es rein zufällig entdeckt. Eigentlich sah sie nicht mehr als den weißen Wall, der es umgab, beherrscht von einem massiven Tor, das jetzt verschlossen war. Lange verweilte ihr Blick auf der Mauer, die unüberwindbar schien. Sie war gekommen, um sich still und leise zu verabschieden. Ihr Blick verriet Wehmut und Traurigkeit und doch umspielte ein Lächeln ihre Lippen. Sie kannte denjenigen, der hinter dieser Mauer lebte. Oft hatte sie ihn besucht, aber heute wusste sie, sie würde nie wieder dorthin zurückkehren. Der Mann, der das kleine Haus bewohnte, war ihr vertraut, bis er eines Tages das Tor verriegelte und sie nicht mehr einließ. Erst da bemerkte sie, dass er nicht nur ihr Geliebter, sondern auch ein Fremder war, den sie nicht verstanden hatte. Dieser Gedanke, der geliebte Fremde, brachte das Lächeln auf ihre Lippen und sie schweifte noch einmal ab, zurück in die Vergangenheit. Der Zufall ließ sie eines Tages in seine Arme stolpern. Ihr sonniges Gemüt begeisterte ihn augenblicklich und er lud sie kurzerhand zum Eintreten ein, wobei er die großen Torflügel weit aufstieß. Die Mauer hatte sie nicht wahrgenommen, zumal sie sofort ihre Faszination für seine Welt entdeckte.
Es begann eine herrliche Zeit für beide, geprägt von gegenseitiger Bewunderung und Neugierde für und auf den jeweils anderen. Sein außergewöhnliches Wissen, welches sich in den vielen Bücherreihen seines kleinen Hauses widerspiegelte, gab er gern und großzügig weiter, wann immer sie fragte. Sein Gehirn schien ungewöhnlich schnell zu funktionieren und vergleichbar zu sein mit dem Speicherplatz eines Computers für alles, was er gehört oder gelesen hatte. Manchmal bluffte er. Wenn sie ihn erwischte, gab er es sofort zu und sie amüsierten sich darüber, zumal ihr eigenes Wissen diesbezüglich chaotisch in klemmenden Schubladen verstaut zu sein schien.
Er liebte ihr klares, lachendes Wesen und ihre ausgeprägte Fähigkeit, leichten Zugang zu anderen Menschen zu finden. Sie fühlten sich beide wohl in der Natur und fanden immer mehr Gemeinsamkeiten. Sie verliebte sich in den Blick, den er ihr schenkte, wenn seine Augen strahlten, während er sie betrachtete. Tat oder sagte sie Ungewöhnliches, konnte er eine ganze Weile vor sich hin schmunzeln. Zuweilen sah er sie neugierig an, wenn er auf eine Reaktion von ihr wartete. Dann wirkte er wie ein großer Junge, dem sie niemals hätte böse sein können. War er aufgeregt oder begeistert, sprach er in einem Tempo, dass sie ihn kaum verstehen kon