Kapitel 1
Malte
Frühling 2018
„Du hast es geschafft, Bruderherz! Ich freue mich so für dich, dass du den neuen Job ergattert hast. Und es ist wirklich ein absoluter Traumjob!“ Lara goss Sekt in zwei Gläser. Vor lauter Begeisterung kippte sie einen Schwall daneben. Sie packte einen ganzen Stapel Osterserviette auf die nasse Stelle; das Häschen-Motiv hatte ohnehin erstmal ausgedient. Malte nahm das Glas entgegen, das sie ihm im Anschluss strahlend reichte.
„Auf dein neues Leben!“, sagte Lara feierlich.
„Jetzt übertreib mal nicht. Ich habe den Job doch nur den Sommer über. Im Herbst bin ich bestimmt wieder zurück, ziehe in meine alte Bude und durchforste erneut die Stellenanzeigen.“
„Das glaube ich nicht. Wenn du erst mal in Köln bist, findest du Ende des Sommers bestimmt eine andere Stelle, die du annehmen kannst. Vielleicht sogar in einer der Diskotheken. Ganz ehrlich, dort pulsiert doch das Leben! Da gibt es eine schwule Szene, im Gegensatz zu unserem öden Kaff. Die Kerle sind bestimmt heiß! Und denk nur an die Partys am laufenden Band, an Karneval, den schwulen Weihnachtsmarkt und natürlich den Cologne Pride. Es gibt so viele Highlights, dass ich glatt neidisch bin, kein schwuler Typ zu sein. Und auf so einen frisch blondierten, smaragdäugigen Schnuckel wie dich stehen die Kerle mit Sicherheit. Du wirst vor lauter Dates gar nicht wissen, wo dir der Kopf steht.“
„Das wäre zumindest meine Wunschvorstellung. Aber ich fürchte, auch dort gibt es Hürden, an denen ich mir garantiert die Knie, oder noch ganz andere Körperteile stoßen werde.“
Lara lachte auf. Sie blickte ihn aufmunternd an. „Na und? Herausforderungen sind doch gut. Davor solltest du dich nicht scheuen.“
„Jetzt redest du wie unser Vater.“
Einen Augenblick lang war die gute Laune der Geschwister gedämpft, ehe Lara prophezeite: „Glaub mir, der wird noch Augen machen, wenn du seine Kohle nicht mehr brauchst, und seine nervigen Ratschläge ignorieren kannst.“
Malte seufzte tief. „Ganz unrecht hat er ja nicht, wenn er sich beschwert, dass ich mit fünfundzwanzig immer noch finanziell auf ihn angewiesen bin. Nur, dass er meine Homosexualität dafür als Grund sieht, ist irgendwie ...“ Er verfiel in Schweigen.
„Es ist halt typisch unser Vater“, half Lara ihm aus. Malte nickte, immer noch schweigend. Wiederum fand Lara klare Worte. „Es ist unfair. Da sind wir uns doch wohl einig.“
„Ja, sind wir.“
„Dafür bekommt man vermutlich Kinder – damit die es irgendwann besser machen können als man selbst. Das ist unsere große Chance, denn in diesem Fall sindwir diese Kinder.“
„Und was sollenunsere Kinder dann mal besser machen?“
„Na das, was wir trotz aller Bemühungen versemmelt haben. Aber das wird nicht viel sein, denke ich.“ Sie nickte grinsend, um ihn und sich selbst überschwänglich von ihren Worten zu überzeugen. Malte mochte die positive Art seiner Schwester. Und sie schaffte es mal wieder, auch seine düsteren Gedanken zu vertreiben. Als sie einnehmend lächelte, war das ansteckend.
„Das helle Blond steht dir wirklich gut“, sagte sie dann. „Obwohl ich nicht