Vorwort
Meine persönliche Geschichte mit Afghanistan beginnt vor mehr als vier Jahrzehnten. Es ist Frühsommer 1980. Ich befinde mich in der beeindruckenden afghanischen Botschaft in Wien, wo zwei Konsularbeamte in dunklen Anzügen mir mit stoischen Gesichtern meinen Pass zurückreichen. Auf einer der Seiten des Dokuments glänzt zu meinem Erstaunen ein Eintrag für ein zweiwöchiges Visum für die Demokratische Republik Afghanistan, auf das ich so lange hingearbeitet habe. Ich bin etwas zermürbt, denn innerlich hatte ich bereits die Hoffnung aufgegeben, jemals nach Afghanistan zu reisen. Die afghanische Bürokratie arbeitet notorisch langsam, und es vergehen mehrere Wochen, in denen ich warte und ständig vertröstet werde. Nun halte ich endlich eines der wenigen Einreisevisa für Afghanistan in der Hand. Ich weiß noch nicht, worauf ich mich einlasse.
Mit Kriegen und Gewalt habe ich zu dem Zeitpunkt keinerlei Erfahrungen, es ist eine meiner allerersten Reisen in eine Konfliktzone. Obwohl mein damaliger Chef im österreichischen Fernsehen zu Recht besorgt ist, schiebe ich seine Bedenken, die ich innerlich selbst hege, beiseite und beginne meine Reisevorbereitungen. Ich will mir diese Berichterstattung nicht entgehen lassen, denn ich will mich endlich als Reporterin beweisen. Ich sehe die Reise als eine Art Feuerprobe, die ich bestehen musste. Junge Frauen wie ich bekommen damals nur sehr selten eine Chance, Reportagen im Ausland zu machen.
Ich fliege also nach Kabul, besuche Dörfer, werde mit schrottreifen Hubschraubern in die Stadt Dschalalabad geflogen. Ich staune über die Schönheit des Landes, kaufe auf dem Basar überteuerte Andenken, die ich nicht brauche, nur um an glaubwürdige Informationen heranzukommen.
Auslöser meiner ersten Reise im Sommer 1980 ist nicht allein meine unbändige journalistische Reiselust. Einige Monate davor macht eine Invasion der Sowjets in Afghanistan Schlagzeilen. Am 27. Dezember 1979 marschiert die Rote Armee in Afghanistan ein – überall kursiert das Schlagwort „Zeitenwende“. Eine neue, veränderte Welt ist gerade im Entstehen. Die alte Nachkriegsordnung im Nahen Osten ist brüchig geworden: Die Amerikaner können ihren wichtigsten Ve