: Antonia Rados
: Afghanistan von innen Wie der Frieden verspielt wurde
: Christian Brandstätter Verlag
: 9783710606090
: 1
: CHF 18.60
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: Politik
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die vielfach ausgezeichnete Auslandsreporterin Antonia Rados bereist seit über 40 Jahren Afghanistan. Sie war mittendrin: von der Zeit der sowjetischen Besatzung über den Bürgerkrieg zwischen Milizen und der ersten Herrschaft der Taliban bis zum 'Krieg gegen den Terror' und dem westlichen Einsatz ab 2001. Auf dutzenden Reisen erkundete sie Hintergründe und Vorgänge, die im Westen oft verborgen bleiben, sprach mit Kriegsherren, Stammesführern und Präsidenten, übernachtete bei afghanischen Familien und erlebte Gastfreundschaft ebenso wie Angst vor Entführungen. Seit dem Sturm der Taliban und dem Rückzug des Westens fragen sich viele: Wie konnte es dazu kommen? Rados zeigt: Das Debakel begann viel früher. Ihr tiefer Einblick in das Land macht deutlich, warum Afghanistan zum Schlachtfeld der Weltpolitik wurde - und mehr mit uns zu tun hat als oft angenommen.

Antonia Rados wurde nach einer Karriere innerhalb des europäischen Nachrichtenjournalismus zu einer der populärsten Auslandskorrespondentinnen des deutschsprachigen Fernsehens. Für ihren weltweiten Einsatz als Reporterin in Krisengebieten wurde die promovierte Politologin mehrfach ausgezeichnet. Insbesondere die Berichte aus Afghanistan und die Kriegsberichterstattung zum Irak-Krieg 2003, die oft unter lebensgefährlichen Bedingungen live übertragen wurde, bescherten Rados internationale Anerkennung. Seit 25 Jahren arbeitet die gebürtige Österreicherin als Auslandskorrespondentin für die RTL-Mediengruppe.

Vorwort


Meine persönliche Geschichte mit Afghanistan beginnt vor mehr als vier Jahrzehnten. Es ist Frühsommer 1980. Ich befinde mich in der beeindruckenden afghanischen Botschaft in Wien, wo zwei Konsularbeamte in dunklen Anzügen mir mit stoischen Gesichtern meinen Pass zurückreichen. Auf einer der Seiten des Dokuments glänzt zu meinem Erstaunen ein Eintrag für ein zweiwöchiges Visum für die Demokratische Republik Afghanistan, auf das ich so lange hingearbeitet habe. Ich bin etwas zermürbt, denn innerlich hatte ich bereits die Hoffnung aufgegeben, jemals nach Afghanistan zu reisen. Die afghanische Bürokratie arbeitet notorisch langsam, und es vergehen mehrere Wochen, in denen ich warte und ständig vertröstet werde. Nun halte ich endlich eines der wenigen Einreisevisa für Afghanistan in der Hand. Ich weiß noch nicht, worauf ich mich einlasse.

Mit Kriegen und Gewalt habe ich zu dem Zeitpunkt keinerlei Erfahrungen, es ist eine meiner allerersten Reisen in eine Konfliktzone. Obwohl mein damaliger Chef im österreichischen Fernsehen zu Recht besorgt ist, schiebe ich seine Bedenken, die ich innerlich selbst hege, beiseite und beginne meine Reisevorbereitungen. Ich will mir diese Berichterstattung nicht entgehen lassen, denn ich will mich endlich als Reporterin beweisen. Ich sehe die Reise als eine Art Feuerprobe, die ich bestehen musste. Junge Frauen wie ich bekommen damals nur sehr selten eine Chance, Reportagen im Ausland zu machen.

Ich fliege also nach Kabul, besuche Dörfer, werde mit schrottreifen Hubschraubern in die Stadt Dschalalabad geflogen. Ich staune über die Schönheit des Landes, kaufe auf dem Basar überteuerte Andenken, die ich nicht brauche, nur um an glaubwürdige Informationen heranzukommen.

Auslöser meiner ersten Reise im Sommer 1980 ist nicht allein meine unbändige journalistische Reiselust. Einige Monate davor macht eine Invasion der Sowjets in Afghanistan Schlagzeilen. Am 27. Dezember 1979 marschiert die Rote Armee in Afghanistan ein – überall kursiert das Schlagwort „Zeitenwende“. Eine neue, veränderte Welt ist gerade im Entstehen. Die alte Nachkriegsordnung im Nahen Osten ist brüchig geworden: Die Amerikaner können ihren wichtigsten Ve