Die JIM-Studien der letzten Jahre machen deutlich, dass Kinder und Jugendliche mittlerweile in einer von digitalen Medien beherrschten Welt aufwachsen. Aus diesem Grund ist es wichtig, einen Blick darauf zu werfen, welchen Einfluss diese intensive Nutzung auf das Selbstbild und die Identität der heranwachsenden Generation hat und welche weiteren Auswirkungen digitale Medien auf die Psyche und den Körper von Jugendlichen haben können.
Das folgende Kapitel widmet sich zunächst der Frage, wie Identität und Selbstbild definiert sind, was unter Identitätsbildung und Selbstdarstellung im virtuellen Raum verstanden wird und inwiefern die Nutzung digitaler Medien konkret mit derIdentitätsbildung junger Erwachsener zusammenhängt.
Die Soziologie beschreibt dieIdentität als die „Besonderheit eines Individuums (in Bezug auf andere)“[55]. Dass die Gesellschaft einen entscheidenden Einfluss auf die Identitätskonstruktion nimmt, findet hier eine wesentliche Bedeutung.[56] Für die Bildung einer Identität ist somit der Vergleich zu anderen notwendig. Aus psychologischer Sicht repräsentiert die Identität „die erlebte, stabile Einheit der eigenen Personen“[57]. Sie ist definiert als„unmittelbare Wahrnehmung der eigenen Gleichheit und Kontinuität in der Zeit, und die damit verbundene Wahrnehmung, dass auch andere diese Gleichheit und Kontinuität erkennen“[58]. Diese Definition stellt die Prozesse innerhalb eines Individuums stärker hervor als die Referenz zur Gesellschaft.[59]„Identität ist das Bewusstsein, ein unverwechselbares Individuum mit einer eigenen Lebensgeschichte zu sein, in seinem Handeln eine gewisse Konsequenz zu zeigen und in der Auseinandersetzung mit Anderen eine Balance zwischen individuellen Ansprüchen und sozialen Erwartungen gefunden zu haben“[60].
DasSelbstbild stellt dabei das Bild von einem Individuum dar, wie es sich selbst spezifisch wahrnimmt und umfasst dabei Eindrücke über die eigenen Charaktereigenschaften und Persönlichkeitsmerkmale.[61]Durch das Selbstbild wird das Denken, Fühlen und Handeln einer Person beeinflusst. Es kann deutlich vom Fremdbild anderer abweichen.[62]
Resümierend umfasst die Identität sowohl von außen ersichtliche als auch innere Zustände. Die Identität ist ein permanenter Anpassungsprozess einer Person, um ein Gleichgewicht zwischen den inneren Prozessen (eigene persönliche Erfahrungen, Fähigkeiten, Ziele und Werte) und den äußeren Wandlungen (Erwartungen und Werte der sozialen Umwelt) herzustellen. Identität ist kein von der Natur gegebenes Gut, sondern sie wird von einem Individuum selbst durch Kommunikation und Interaktion mit seiner Umwelt konstruiert.[63] DieIdentitätsbildung stellt viele Menschen bereits im Kindes- und Jugendalter vor Herausforderungen. Sie stellen sich die Frage „Wer bin ich?“ und sind auf der ständigen Suche nach einer Antwort, da die Entwicklung einer Identität ein unabgeschlossener, fortlaufender Prozess ist.[64]Durch die vielen neuen Eindrücke kommt es häufig zu Widersprüchen, Verwirrtheit und Unsicherheit.„Identität kann nur als Problem existieren, sie war von Geburt an ein ‚Problem‘, wurde als Problem geboren. (…) Man denkt an Identität, wenn man nicht sicher ist, wohin man gehört. (…) ‚Identität‘ ist ein Name für den gesuchten Fluchtweg aus dieser Unsicherheit“[65].Zur Unterstützung der Identitäts