Mir kann man leicht etwas einreden. Marika hat so eine Art, das zu sagen und dabei mit den Augen auf mich einzureden, als würde sie mich programmieren. Oder verhexen. Sie hat dann so einen Blick, wenn der auf einen Besen oder was auch immer fällt, meint man, er würde gleich Wurzeln schlagen, Blätter austreiben und zu blühen beginnen. Selbst wenn der Besenstiel aus Plastik ist und nicht aus Holz. Darum habe ich manchmal das Gefühl, ich werde eines Tages die Haustür aufmachen und nicht auf der Straße stehen, sondern auf dem Mond. Oder auf einem exotischen Planeten, in einer riesigen Eiswüste, wo man tief in seinem Inneren weiß, dass man beim ersten Atemzug sterben wird, aber solange man noch lebt, solange man den Atem noch anhält, sieht man die tückische Schönheit ringsum und zählt in Gedanken die letzten Sekunden:
Eins.
Zwei.
Drei.
Und plötzlich verschwindet alles.
Bis es so weit kommt, kreise ich meinen Hula-Hoop, spähe durchs Fenster und versuche am zementfarbenen Berliner Himmel, auf dem gerade ein Kondensstreifen verblasst, das Wetter zu erraten. Vergeblich. Mit der gleichen Bewegung, mit der man in Georgien ein Lawasch-Fladenbrot innen an die Wand des Tandoor-Ofens klatscht, damit es nicht verbrennt, klebt der Nachbar einen Sonnenschutz von innen an die Frontscheibe seines Opel, der unter einer Werbetafel steht, damit er in der Kabine nicht verglüht und das Armaturenbrett nicht ausbleicht. Ich frage mich sowieso, was die Sonne in Berlin will.
Den ganzen Monat lang ist die Werbung auf der Tafel nicht ausgetauscht worden. Sie ist einfach, wirkungsvoll und auch ein bisschen unanständig: Vor hellblau-weißem Hintergrund steckt eine rote Rose in einer Mineralwasserflasche. Im Hals einer kleinen transparenten Flasche steckt ein grüner Stiel, obendrauf flammt wie Feuer eine rote, geöffnete Krone. Am wirkungsvollsten ist der Name des Mineralwassers: »Wasser der Unsterblichkeit«. Dieses Bild begegnet einem in letzter Zeit in Berlin auf Schritt und Tritt. Das »Wasser« bekommt man in drei Ausführungen: naturell, feinperlig, spritzig. Den ganzen Monat schon springt mir diese Reklame ins Auge, an der Decke der U-Bahn, an Bussen oder als buntes Booklet in der Post. Doch das Wasser selbst habe ich noch nicht probiert.<