3. KAPITEL
Zögernd öffnete Romy die Augen. Über ihr raues Gestein. Wasserrauschen. Sie brauchte lange Minuten, um sich zurechtzufinden. Wo war sie? Was war passiert?
Nur langsam stieg die Erinnerung in ihr auf. Die Panik. Der Sturz. Der dicke Stein. Das Rauschen musste der Regen sein, der draußen vor dem Höhleneingang niederprasselte. »Starke Regenfälle am späteren Nachmittag«, erinnerte sich Romy an die Wettervorhersage, die sie am Morgen auf der Fahrt von Augsburg im Auto gehört hatte. Um die Zeit hatte sie eigentlich längst zurück sein wollen.
Behutsam bewegte sie den Kopf und nahm ein dumpfes Gefühl wahr sowie einen faulen, erdigen Geschmack in ihrem Mund. Sie spuckte aus, doch der Geschmack hielt sich hartnäckig auf ihrer Zunge. Ihr Blick fiel auf den kleinen Rucksack mit den Winterstiefeln, den sie hier in der Höhle neben dem Klettereinstieg zurückgelassen hatte. Doch wie warsie hierhergekommen? Totaler Blackout. Romy suchte nach einer Erinnerung. Doch da war nichts. Nichts außer dem Sturz …
Vorsichtig versuchte sie, einzelne Gliedmaßen zu bewegen. Zuerst die Finger, dann die Hände, Arme und die Beine. Erstaunlicherweise konnte sie sogar aufstehen – ohne einen Schmerz zu verspüren. Offensichtlich lief die Produktion der körpereigenen Betäubungsmittel auf Hochtouren. War das die berühmte »goldene halbe Stunde«, ein Geschenk von Mutter Natur an alle Verletzten, das sie in die Lage versetzen sollte, lebensrettende Maßnahmen zu ertragen? Unmöglich. Draußen dämmerte es bereits. Ein Blick auf ihre Armbanduhr sagte Romy, dass sie seit mindestens sieben Stunden hier lag.
Sie hätte nicht einmal Medizin studieren müssen, um zu wissen, dass man nach einem Sturz aus acht Metern Höhe auf festgefrorenen Waldboden nicht einfach so davonkam. Sämtliche Gliedmaßen hätten gebrochen sein müssen, Bänder gerissen, Muskeln geprellt, von inneren Verletzungen ganz zu schweigen. Sie hätte querschnittgelähmt sein können, wenn nicht gar tot. Auf keinen Fall aber wäre sie in der Lage gewesen, sich in die Höhle zu schleppen. Und auf keinen Fall hätte sie einfach so aufstehen können. Doch sie stand tatsächlich auf ihren eigenen zwei Beinen, wenn auch leicht gebückt, um mit dem Kopf nicht an die Höhlendecke zu stoßen. Jemand musste sie geradezu aufgefangen haben! Aber wie? Und wer? Das war doch unmöglich. Und wieso hätte derjenige sie dann hier allein zurückgelassen? Das machte alles keinen Sinn. Dazu kam, dass ihr kein bisschen kalt war. Nach den vielen Stunden auf dem Boden der Höhle müsste sie eigentlich steif gefroren sein wie eine Tiefkühlpizza.
Hatte sie den Sturz vielleicht ebenso geträumt wie das, was sie in den verga