: Sally McGrane
: Moskau um Mitternacht
: Europa Verlag GmbH& Co. KG
: 9783958900370
: 1
: CHF 8.90
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 308
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das fulminante Spionage-Debüt aus Russlands geheimnisvollen Tiefen. Max Rushmore, abgehalfterter Russland-Experte und eben von seinem Arbeitgeber, der CIA, wegrationalisiert, soll den Nachlass von Sonja Ostranowa ordnen. Ihre halbgefrorene Leiche wurde in einer eiskalten Januarnacht auf einer Parkbank am Moskauer Patriarchenteich aufgefunden. Angebliche Todesursache: Herzversagen. Doch Max entdeckt schnell Unstimmigkeiten und logische Lücken in den Dokumenten der Expertin für Nuklearabfall. Kann es sein, dass sie gar nicht tot ist? Was hat die russische Behörde für nukleare Sicherheit zu verbergen? Und was hat es mit dem sagenhaften, blau schimmernden Diamantring auf sich, den Sonja noch beiseiteschaffen konnte? Gerade erst von der CIA herabgestuft, erhält Geheimagent Max Rushmore einen unerwarteten Auftrag in Moskau. Er soll den aufgelaufenen Papierkram im Todesfall Sonja Ostranowa abwickeln, die offenbar an Herzversagen verstorben ist. Eine unspektakuläre Aufgabe. Doch schon bald merkt Max, dass in der Sache nichts so ist, wie es scheint: Das Sterbedatum im Totenschein deckt sich nicht mit den Aussagen von Sonjas Stiefmutter. Ist die Nuklearexpertin vielleicht noch am Leben? Und warum hat Sonja ihr kurz vor ihrem vermeintlichen Tod diesen mysteriös schimmernden Diamantring anvertraut? Gegen den Willen seines Auftraggebers schlittert Max den verwischten Spuren von Sonja hinterher, die ihn auf eine rasante Schnitzeljagd durch ganz Russland führen. Dabei kommt er nicht nur einem schmutzigen Geheimnis der russisch-französischen Atomlobby gefährlich nahe, sondern gerät auch mitten hinein in die Machenschaften des internationalen Diamantenkartells. Und Max ist nicht allein: Längst hat sich eine zwielichtige Gestalt an seine Fersen geheftet, die es ihrerseits auf den geheimnisvollen Diamanten abgesehen hat. Im exklusiven Moskauer Nachtclub Midnight kommt es schließlich zu einem unerwarteten Showdown.

KAPITEL 2


Als Nächstes sollte Max dem Plan folgen, der inoffiziell »Die Jagd nach dem Gestohlenen Brief« hieß. Er war Max vor zwanzig Jahren in einer schlecht besuchten Bar an der Pennsylvania Avenue in Washington D. C. von Jim Dunkirk erklärt worden. Aus unerfindlichen Gründen hatte sich Max dieser Abend sehr detailliert eingeprägt. Die Bar war das Letzte: Über dem Tresen hing ein Hirschkopf, es roch nach Flohpulver. Max war noch Anfänger und Dunkirk sollte ihn vor seiner ersten Reise in die ganz frische »ehemalige Sowjetunion« instruieren. Doch stattdessen war der hochgewachsene, ergrauende Jim Dunkirk – der in direkter Linie von den Siedlern der Mayflower abstammte und sich ein beachtliches Humpeln eingehandelt hatte, als er in den Achtzigern russische Geheimnisse an afghanische Rebellen weitergab – mit Max auf Sauftour gegangen. Sie waren beide »sternhagelvoll«, wie Dunkirk sich ausdrückte, als der ältere Mann plötzlich einen ganz neuen, freundlicheren und Max irritierenden Ton anschlug. Er klopfte dem Anfänger auf den Rücken und erklärte ihm seine Theorie.

»Verstecken ist passé«, knurrte Dunkirk. Er lehnte sich vertraulich zu Max herüber. »Sobald man anfängt, sich zu verstecken, sondert man einen bestimmten Geruch ab. Kann dir jeder Jäger bestätigen. Wie verscheucht man jede Beute? Durch seinen Geruch. Dazu braucht man schon eine sehr feine Nase, aber die haben wir. Und die auch. Also? Keinen Geruch ablassen. Nicht verstecken. Sich direkt vor ihrer Nase bewegen – da gucken sie am wenigsten hin.« Am nächsten Tag hatte Max rasende Kopfschmerzen.

Max stieg aus dem Wagen, trat auf den Roten Platz und verbannte Dunkirk aus seinem Kopf. Schließlich war er, Max, wieder da. Das war das Einzige, was zählte. Er war wieder da – wenn auch nur in Teilzeit. Wenn auch nur in privatem Auftrag. Wenn auch die CIA, seine gute alte »Agentur«, der er sein ganzes Erwachsenenleben geopfert hatte, ihn wegrationalisiert hatte – ihn! Max Rushmore, dessen Kontakte in Russland dreimal hintereinander als »höchst eklektisch« prämiert worden waren. Ihn! Maxiboy Rushmore, der binnen neun Monaten Chinesisch gelernt hatte! Mit achtunddreißig! In einem Alter, in dem das Gehirn gar keine neuen grammatischen Formen mehr annehmen kann. Wegrationalisiert! Ihn! Den schmucken Maxi-Million Rushmore, zu dessen unübertragbaren Kompetenzen es gehörte, dass er bis jetzt noch jeden Russen unter den Tisch getrunken hatte.

Max schloss die Augen und atmete tief durch. Ein, zwo-dreivier, aus, zwo-drei. Die Nachricht hatte ihm zu schaffen gemacht, das musste er zugeben. Unter anderem, weil er es überhaupt nicht hatte kommen sehen. Der Vormittag, als die Nachricht ihn erreichte, war wie jeder andere Vormittag auch gewesen – abgesehen davon, dass er die Nacht in seiner kleinen, beigefarbenen Ausweichwohnung in Bethesda verbracht hatte, um seiner Frau Rose ein bisschen Ruhe zu gönnen. Oder um endlich mal wegzukommen von ihren ewigen Renovierungsprojekten und ihrer offenbar fruchtlosen Suche nach der perfekten Kücheninsel (insgesamt drei waren bereits geliefert, installiert, nicht für gut befunden und zurückgeschickt worden und hatten mitten in der Küche eine klaffende Lücke hinterlassen). Rose hatte ihn dazu ermuntert, eine kleine Bude zu mieten, da sie beide eine Pause gebrauchen könnten. Außerdem müsste er dann unter der Woche nicht immer so weit pendeln. Dann hatte sie – seine Rose! – sich von ihm abgewandt, mit diesem geistesabwesenden Zug in ihrem runden, rosa, dänischen Gesicht (ihr Vater war Amerikaner), der sich dort breitgemacht hatte, seit sie den Versuch, Kinder zu bekommen, offiziell aufgegeben hatten. Es war weder seine Schuld noch ihre: Die Ärzte hatten herausgefunden, dass sie aufgrund einer höchst ungewöhnlichen Laune des Schicksals beide unfruchtbar waren.

Rose hatte gelächelt und »Ah« gesagt, als ihnen das mitgeteilt wurde – ein Lächeln, das Max noch nie zuvor gesehen hatte. Brüchig und herzzerreißend. Und sie hatte mit ihrer Patschehand seine Männerhand getätschelt, auf ihre leicht fremdländische Weise, die sich manchmal zeigte, w