Teil 2 Glaubensveränderung
Im zweiten Teil des Buches geht es darum, einzelne Themenbereiche des christlichen Glaubens ins Visier zu nehmen und der Frage nachzugehen, inwieweit sich Glaubensüberzeugungen weiterentwickeln und verändern können. Gibt es alternative Sichtweisen zum traditionellen Gottesbild, zu moralischen Fragen, zum Bibelverständnis oder anderen Themen, an denen Glaube so oft verzweifelt?
Die folgenden Ausführungen stellen meine persönlichen Überzeugungen dar. Bestimmt denken viele ähnlich wie ich, aber ich habe mir das Recht genommen, vor allem persönliche Gedanken und Überzeugungen zu Papier zu bringen. Ich schildere, was in mir selbst gewachsen ist. Ich erhebe keinerlei Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit. Man kann und darf bei all diesen Themen auch zu ganz anderen Schlüssen kommen. Die Weiterentwicklung einzelner Themen oder das Formulieren neuer Überzeugungen war für mich selbst jedoch wie eine Brise frische Luft. Als hätte jemand das Fenster aufgestoßen, entstand plötzlich die Möglichkeit, Angestaubtes in einem neuen Licht zu sehen und sich von belastenden und krank machenden Sichtweisen zu trennen.
Diese Glaubensveränderung hat mich nicht träge oder lau gemacht, sie hat im Gegenteil neue Leidenschaft und Energie freigesetzt. Und sie hat mich so begeistert und befreit, dass ich andere an dieser Entwicklung teilhaben lassen wollte. Daraus ist vor einigen Jahren mein „Movecast“ entstanden, ein Podcast, der diese Idee des Umzugshelfers über alle Episoden hinweg entfaltet. Dieser Podcast stellt auch die Grundlage der folgenden Kapitel dar.
3. Bibelverständnis
Warum ein neues Bibelverständnis Glaubensveränderung erst möglich macht
Dieses Kapitel ist das längste und ausführlichste im Buch. Und das hat seinen guten Grund: Fast alle weiteren Themen haben als Grundlage ein verändertes Bibelverständnis. Viele Glaubensüberzeugungen können sich nicht weiterentwickeln und stecken in der Sackgasse, weil das dahinterstehende Bibelverständnis solche Weiterentwicklungen von vornherein ausschließt. Um über bestimmte geistliche Themen anders denken zu können, müsste man auch bestimmte Bibelstellen anders verstehen dürfen. Aber das Bibelverständnis in vielen christlichen Kreisen impliziert eine ganz bestimmte Auslegung einzelner Bibelverse. Und dieseeine gültige Auslegung von Bibelstellen zementiert dadurch auch dieeine Sichtweise. Ende der Diskussion!
In der theologischen Wissenschaft nennt man Bibelverständnis auch Hermeneutik. Hermeneutik ist die Wissenschaft vom Verstehen biblischer Texte. Sie stellt die Grundlage für die Exegese dar, die Auslegung eines biblischen Textes. Hermeneutik ist der Exegese übergeordnet. Hermeneutik legt die Grundlagen für die Exegese. Hermeneutik liefert die Prinzipien, anhand derer ich die Bibel auslege. Würde eine Hermeneutik zum Beispiel behaupten, alle Texte in der Bibel seien reine Mythen, Märchen und Sagen, dann würde man daraufhin diese Texte anders auslegen, als wenn eine Hermeneutik behaupten würde, alle Texte in der Bibel seien naturwissenschaftliche und historische Tatsachen.
Vielen Christen ist nicht bewusst, dass es nicht nur eine einzige Hermeneutik gibt, nicht nur ein einziges Bibelverständnis. Das Bibelverständnis hat sich im Laufe der Bibel selbst und auch in der Theologiegeschichte gewandelt und weiterentwickelt. Aktuell gibt es in der Theologie unterschiedliche Ansätze zum Bibelverständnis. Ihre Unterschiedlichkeit lässt die Bibel in vielfältiger Weise zu uns sprechen und eröffnet einen sehr breiten Horizont. Verschiedene hermeneutische An