: Renate Zimmer
: Handbuch Sprache und Bewegung Alltagsintegrierte Sprachbildung in der Kita
: Verlag Herder GmbH
: 9783451818998
: 1
: CHF 21.50
:
: Kindergarten- und Vorschulpädagogik
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Sprache ist ein zentraler Schlüssel für die Teilhabe am sozialen Miteinander. Der Spracherwerb ist ein komplexer Prozess, den das Kind bereits in den ersten Lebensjahren zu bewältigen versucht. Wie können Pädagoginnen und Pädagogen diese Entwicklung begleiten und effektiv fördern? Und wie können insbesondere Kinder mit nicht-deutscher Erstsprache angemessen unterstützt werden? In ihrer Neuauflage zum Handbuch beschreibt Renate Zimmer theoretisch fundiert und praxisnah das Konzept einer 'Bewegten Sprache'. Indem an den Ressourcen des Kindes angesetzt und sprachanregende Situationen im pädagogischen Alltag genutzt werden, gelingt die Sprachförderung ganzheitlich und alltagsintegriert.

Dr. Renate Zimmer ist Erziehungswissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt frühe Kindheit und Professorin für Sportwissenschaft an der Universität Osnabrück. Auf dem Gebiet der Bewegungserziehung ist sie die bekannteste und erfolgreichste Expertin im deutschsprachigen Raum. Ihre Bücher sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. Für ihr bildungspolitisches Engagement wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. 

2. Sprache und Bewegung
im Kontext frühkindlicher Bildungsprozesse


Kindertageseinrichtungen – Kindertagespflege, Krippen und Kindergärten – haben einen eigenständigen Bildungsauftrag. Sie sollen, in Ergänzung zu der Familie, Kindern optimale Entwicklungsbedingungen bieten und ihnen alle Kompetenzen vermitteln, die sie befähigen, jetzige und künftige Lebenssituationen möglichst selbstständig bewältigen und ihr Leben aktiv gestalten zu können. Die Diskussion über Bildungschancen im Elementarbereich und die Erkenntnis, dass durch den frühen Besuch von Kindertageseinrichtungen die Bildungskarriere von Kindern nachhaltig beeinflusst wird, führte dazu, dass innerhalb der im Kinder- und Jugendhilfegesetz verankerten Trias »Betreuung, Bildung, Erziehung« das Gewicht von der Betreuung und Erziehung zunehmend auf die Bildung verschoben wurde.

Die von allen Bundesländern herausgegebenen Bildungs- und Erziehungspläne für den Elementarbereich thematisieren Bildung unter dem Aspekt der Förderung grundlegender Kompetenzen und Ressourcen, die Kindern ein stabiles Fundament für ihre Entwicklung vermitteln und sie befähigen, ein Leben lang zu lernen. Sprache und Bewegung werden dabei als wesentliche Bildungsbereiche genannt, jedoch fast immer getrennt behandelt, auf die Verknüpfung beider Bereiche wird nur selten hingewiesen. Auf diesen Aspekt wird in Kapitel 2.6. näher eingegangen.

2.1 Bildung von Anfang an


Die Sichtweise auf die ersten Lebensjahre hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Die ersten Lebensjahre gelten heute als die Zeit, in der der Mensch die rasantesten Entwicklungsfortschritte macht. Als Beispiele können dabei der Erwerb der Sprache und Entwicklungsprozesse der Motorik herangezogen werden (vgl. Kapitel 4). Zum Zeitpunkt der Geburt sind nur die Basisfunktionen des Gehirns ausgebildet. Die Sinnesorgane beginnen, Signale, zum Beispiel Berührungen, Sprache, Geräusche, Farben und Formen, aus der Umwelt aufzunehmen – und erst diese Erfahrungen stoßen die Vernetzung im Gehirn an. Von den bei der Geburt angelegten 100 Milliarden Nervenzellen und ihren Verbindungen bleiben schließlich diejenigen erhalten, die durch Übung und Erfahrung aktiviert werden. Indem das Kind seine Sinne nutzt, entwickelt und differenziert es sie weiter aus.

Bewegung und sinnliche Wahrnehmung spielen von Geburt an eine wesentliche Rolle für die gesamte Entwicklung. Neugier und Erkundungsbereitschaft bilden die Basis für die Exploration der sozialen und materialen Umwelt. Das Kind ist von Geburt an fähig zur Bildung von Theorien, die es durch das eigene Handeln überprüft, verwirft, bestätigt, modifiziert. Lernprozesse laufen selbst initiiert, selbst organisiert und erfahrungsabhängig ab.

2.2 Zum Verständnis von Bildung


Bildung setzt bereits mit der Geburt ein, sie findet an unterschiedlichen Orten und unter verschiedenen Rahmenbedingungen statt. Dabei trägt die Gesellschaft eine große Verantwortung, denn die Bildungschancen von Kindern müssen unabhängig von den Zufälligkeiten ihrer Lebensorte, der sozioökonomischen und kulturellen Lebensbedingungen ihrer Familien sein. Um dies zu erreichen, haben sich Bund und Länder 2002 verpflichtet, sich über Wege und Ziele frühkindlicher Bildung in Kindertageseinrichtungen zu verständigen und für Deutschland allgemeinverbindliche Ziele aufzustelle