2. KAPITEL
Julia hatte nicht damit gerechnet, dass es noch schlimmer kommen konnte.
Und zack, war es so weit.
Schockiert sah sie sich im Restaurant um und begegnete den Blicken der ebenso schockierten Gäste an den Nachbartischen. Sie erkannte viele von ihnen wieder; dasCarl’s war ein beliebtes Lokal im Ort.
Sie zerrte Sam ein paar Schritte beiseite und zwang sich dazu, ihn anzulächeln, obwohl sie ihre ganze Willenskraft brauchte, um ihn nicht zu ohrfeigen. „Hast du den Verstand verloren?“, zischte sie.
Sein Lächeln war genauso unaufrichtig wie ihrs. „Sieht ganz so aus.“
„Bring die Situation sofort wieder in Ordnung. Du musst das Ganze unbedingt wieder geraderücken!“
„Genau das versuche ich ja gerade.“ Er strich ihr das Haar aus dem Gesicht. „Vertrau mir einfach.“
Niemals. Julia vertraute grundsätzlich keinem Mann mehr, dafür hatte sie schon zu oft schlechte Erfahrungen gemacht. Sie selbst war die Einzige, auf die sie und Charlie sich verlassen konnten. „Fass mich nicht an!“
Sam ließ die Hand sinken. „Ich werde dir helfen, ob dir das passt oder nicht!“
Julia sah sich nervös nach der Anwältin und Charlies Großmutter um. Letztere sah für einen Moment fast besorgt aus. Julia verstand zwar nicht, was den Riss in der Fassade der Eiskönigin verursacht hatte, aber irgendwie musste das mit Sams Auftritt zu tun haben.
„Na schön“, sagte sie. „Dann lass dir mal was einfallen. Charlies Zukunft steht auf dem Spiel.“
Sam musterte sie einen Moment lang eindringlich, kniete sich dann vor ihr hin und nahm ihre linke Hand.
„Damit meinte ich nicht, dass du …“
„Julia Morgan“, durchdrang seine klare tiefe Stimme das Restaurant. „Wir haben unsere Beziehung bisher geheim gehalten – ein nicht gerade einfaches Unterfangen in Brevia –, aber jetzt wird es höchste Zeit, sie offiziell zu machen.“ Er räusperte sich und rückte sich den Kragen seines gestärkten Hemds zurecht. „Würdest du mir die Ehre erweisen, meine Frau zu werden?“
Julia blinzelte gegen die ihr plötzlich in die Augen schießenden Tränen an. Früher einmal hatte sie sich so sehr nach einem Heiratsantrag gesehnt. Von Jeff. Sie hatte sich so lange an der Illusion festgeklammert, dass er der Richtige für sie war, dass sie sich total selbstsüchtig verhalten hatte. Doch dann hatte ihr das Schicksal einen wundervollen Sohn geschenkt. Und jetzt riskierte sie, ihn wieder zu verlieren.
Nicht zum ersten Mal seit dem Erhalt des Briefs fragte sie sich, ob ihr Sohn bei den Johnsons nicht doch besser aufgehoben war. Sie konnte ihm wirklich unendlich viel mehr bieten als sie.
Sie schloss die Augen und versuchte, sich zusammenzureißen. Sie war Charlies Mutter und würde