Diabetes mellitus: Was ist das eigentlich?
Was viele Diabetiker immer noch nicht wissen: Diabetes ist keine Insulinmangelkrankheit, sondern – zumindest zu Beginn – eine »Insulinüberschusskrankheit«.
Der Diabetes war schon im Altertum bekannt. Wussten Sie, wie die antiken Ärzte den Diabetes bei ihren Patienten diagnostizierten? Über moderne Messgeräte und Teststreifen verfügte man ja noch nicht. Sie verließen sich ganz einfach auf ihre fünf Sinne, genauer gesagt auf ihren Geschmackssinn. Der Urin wurde gekostet und wenn er honigsüß schmeckte, so war die Diagnose »Diabetes mellitus« gesichert. »Diabetes mellitus« heißt wörtlich übersetzt »honigsüßer Durchfluss«. Der Name beschreibt den hohen Zuckergehalt des Harns und die Harnflut, die bei hohen Blutzuckerwerten auftritt. Heute sind wir glücklicherweise mit der Diagnostik etwas weiter. Es gibt Urinteststreifen und Blutzuckermessgeräte zur Selbstdiagnose.
Bis in die Zwanzigerjahre des letzten Jahrhunderts hinein bedeutete die Erstdiagnose eines erhöhten Blutzuckers über kurz oder lang das Todesurteil. Der Blutzucker stieg immer weiter an. Tabletten oder Insulin zur Senkung gab es noch nicht. Die▶ Zuckerwerte stiegen auf 200, 300, 500 und mehr mg/dl (11,1, 16,65, 27,75 mmol/l), Normalwerte. Schließlich fielen die Patienten nach Tagen oder Wochen in ein diabetisches Koma und verstarben.
Mit der Gabe von Insulin, gewonnen aus Schweine- oder Rinderbauchspeicheldrüsen (erst seit 1982 steht gentechnologisch hergestelltes menschliches Insulin zur Verfügung), konnten diese Menschen schließlich gerettet werden. Mitte des letzten Jahrhunderts wurden dann auch Medikamente entwickelt, die man nicht wie das Insulin spritzen musste, sondern die als Tabletten verabreicht werden konnten, wie Glibenclamid oder Metformin. Inzwischen stehen noch modernere – und viel teurere – Medikamente zur Verfügung. Doch da sind wir schon bei der Therapie angelangt. Zunächst einmal zur Diagnostik.
Diagnostik: Wie wird Diabetes erkannt?
Gesunde Menschen können so viel Süßes essen, wie sie wollen (das sollten sie natürlich trotzdem nicht), und der Blutzucker wird eine bestimmte Schwelle im Blut nicht überschreiten. Zuckerkranke können größere Zuckermengen jedoch nicht schnell genug verarbeiten. Der Blutzucker steigt rasch an. Wenn die sogenannte Nierenschwelle, die meist bei 160–180 mg/dl (8,88–9,99 mmol/l) Glukose im Blut liegt, überschritten wird, erscheint Zucker im Urin. Die Nieren können den im Primärharn erscheinenden Zucker aus dem Blut nicht mehr vollständig zurückresorbieren.
Je höher der Blutzucker, desto mehr Zucker erscheint im Urin – manchmal sind es mehrere Gramm pro Liter. Je mehr Zucker im Urin erscheint, desto mehr Wasser und Elektrolyte, das sind wichtige Mineralien im Blut, werden ausgeschieden. Eine schlechte Blutzuckereinstellung wirkt also wie ein Entwässerungsmittel (Diuretikum) und führt zu Flüssigkeits- und Mineraldefiziten. Bevor es die moderne Labordiagnostik gab, galt übermäßiger Harnfluss mit anschließendem starkem Durstgefühl als eines der ersten und führenden Symptome für eine Zuckerkrankheit. Heute treten diese Symptome eigentlich nur noch bei der Erstmanifestation des Typ-1-Diabetes auf.
Glukosetoleranztest. Meist wird ein Diabetes anlässlich einer Routineuntersuchung beim Arzt oder in der Apotheke entdeckt. Oftmals zeigen sich hier Grenzwerte, die einen Diabetes nicht ganz eindeutig nachweisen, aber auch nicht ausschließen. Um sicher zu sein, kann der Arzt einen »oralen Glukosetoleranztest« durchführen. Steigt der Wert dabei über 180 mg/dl (9,99 mmol/l, venös) oder 200 mg/dl (11,1 mmol/l, kapillär) an, liegt ei