Wie das deutsche Schulsystem so wurde, wie es ist.
Ein Blick auf die Entwicklung seines Fundaments
im 18. und 19. Jahrhundert
Schleppende Einführung der Schulpflicht
Am 28. September 1717 sah sich der preußische König Friedrich Wilhelm I. – der später als"Soldatenkönig" in die Geschichte eingehen sollte – veranlasst, sein Missvergnügen zu bekunden."Missfällig" müsse er vernehmen,"dass die Eltern, absonderlich auf dem Lande, in Schickung ihrer Kinder zur Schule sich sehr säumig erzeigen". Sowohl was"das Lesen, Schreiben und Rechnen betrifft, als auch in denen zu ihrem Heil und Seligkeit dienenden Stücken" müsse"die arme Jugend" so"in große[r] Unwissenheit" aufwachsen(1).
Um diesem"höchst verderblichen Übel" abzuhelfen, verfügte der König daher,"dass hinkünftig an denen Orten, wo Schulen seyn, die Eltern bei nachdrücklicher Strafe gehalten sein sollen", die Kinder zur Schule zu schicken – allerdings nur dann, wenn sie sie"bei ihrer Wirtschaft" nicht benötigen. Die Schulpflicht sollte deshalb"im Winter täglich" gelten, im Sommer aber nur"ein oder zweimal die Woche, damit die Kinder"dasjenige, was im Winter erlernet worden, nicht gänzlich vergessen mögen". Ferner sollten die Eltern ein Schulgeld entrichten – das allerdings vor Ort über"Almosen" finanziert werden sollte, falls die Eltern das Geld nicht aufbringen könnten(2).
Angesichts der Einschränkungen, die die Verordnung enthielt, war es kein Wunder, dass sie im Land keine große Beachtung fand. Erschwerend kam hinzu, dass es das, was wir heute unter"Schulen" verstehen, damals noch gar nicht gab. Insbesondere in ländlichen Gegenden – wo damals der weitaus größte Teil der Bevölkerung lebte – war der Unterricht eher eine Ergänzung der Unterweisung im Katechismus. Zuständig dafür war in der Regel der Küster, dem dafür zudem weder geeignete Räumlichkeiten noch entsprechende Materialien zur Verfügung standen.
So sah vor allem die Landbevölkerung keinen Sinn darin, ihre Kinder in die oft weit entfernten, schlecht ausgestatteten"Schulen" zu schicken und dafür auch