TEIL I
MÜTTER
Kurz vor Mittag reißen aufgeregte Stimmen im Korridor Rebecca aus ihrer Arbeit. Im nächsten Augenblick klopft es an ihre Türe, und bevor sie „Ja“ rufen kann, steht schon ihre Mutter in Rebeccas Büro.
„Maman!“ Rebecca springt vom Stuhl hoch und starrt sie entsetzt an. „Warum verpisst du dich nicht endlich aus meinem Leben?!“
„Du Miststück!“, faucht ihre Mutter.
Das blonde Haar der Mutter ist zu einem kühnen, bewusst schief aufgerichteten Pferdeschwanz gebunden. Der marineblau leuchtende Haargummi aus Samt passt perfekt zu ihrem navyfarbenen Hosenanzug. Haselnussbrauner Lippenstift. Der Blick unter ihren hochgezogenen Brauen sprüht Wut, das Kinn zittert, die Stimme bebt drohend. Eine furchteinflößende Königin der Nacht, das ist ihre Mutter. Wie kann man bloß hübsch sein wie ein Engel – und gnadenlos wie Satan?
„Was bildest du dir ein? Dass du über mein Leben regieren kannst?“, zischt die Mutter.
„Das tue ich doch nicht!Du lässtmich nicht in Ruhe!“
„Ich werde nun jeden Tag vorbeikommen!“, brüllt ihre Mutter.
„Nein, das wirst du nicht!“ Auch Rebecca beginnt jetzt zu schreien.
„Ich werde jeden Tag hierherkommen, um dich daran zu erinnern, dass du eine Mutter hast! Solange wir beide leben, werden wir uns nicht los. Hast du das noch nicht begriffen, Rebecca?“, kräht die Mutter weiter.
„Lass mich endlich in