Kapitel 1
Wir können nicht, aber Gott schon
„Ich bin ganz allein und völlig am Ende.“
Wir hatten uns bereits eine gute Stunde unterhalten, als diese Worte aus ihrem Mund kamen. Wir saßen im Wartezimmer eines Krankenhauses und hatten zusammen einen Kaffee getrunken – sie ihren mit Süßstoff, ich meinen mit Kaffeeweißer. Die Frau war klein. Ungeschminkt, strubbeliges Haar. Ihr T-Shirt hing unförmig an ihr herab, zerknittert. Ich fragte mich, ob sie wohl darin geschlafen hatte. Sie rührte und rührte mit dem kleinen Plastikstäbchen im Becher, bis ihr Getränk sich in einen Strudel verwandelte, der widerspiegelte, was sie empfand – eine Endlosspirale absoluter, verzweifelter Hilflosigkeit.
Ihr siebzehnjähriger Sohn lag auf der Intensivstation, zwei Türen und 45 Meter von uns entfernt. Er kämpfte bereits seit einem Jahr mit einer Opioidabhängigkeit, vielleicht sogar schon länger. Aufgrund eines Autounfalls war er nun im Krankenhaus gelandet. Nach vier Tagen unfreiwilligen Entzugs sehnte er sich verzweifelt nach den Tabletten, die ihm die Ärzte jedoch verweigerten. Sie hatten ihn sogar mit Gurten am Bett fixiert.
Seine Mutter brauchte fast eine Stunde, um mir zu berichten, was ich hier in einem Absatz beschrieben habe. Während sie die Geschichte erzählte, schluchzte und seufzte sie immer wieder tief. Als sie von ihrem Ex-Mann berichtete, der fast ein Jahr lang weder für sie noch für den Jungen da gewesen war, wurde sie von Wut gepackt. Ein Vater, der wochenlang nichts von sich hören ließ. Der immer neue Ausreden parat hatte. Was sollte die Mutter da anderes denken als:IchbinganzalleinundvölligamEnde.
Sie umklammerte den Styroporbecher so fest, dass ich dachte, er würde zerbrechen.
Kennen Sie dieses Gefühl? Kommt Ihnen diese Abwärtsspirale bekannt vor? Geht es Ihnen vielleicht ähnlich: Sind Sie überzeugt davon, dass Ihre Probleme niemanden interessieren, dass Ihnen niemand helfen kann, dass keiner Ihnen Beachtung schenkt und niemand Ihren Hilferuf hört?
Wenn Sie dieses Gefühl kennen, dann sind Sie nicht allein. Ich meine damitnicht, dass Sie mit diesem Gefühl nicht allein dastehen, weil andere dieses Gefühl auch kennen. Ich meine: Sie sind nicht allein. Punkt. Dieses finstere, brutale Gefühl von Isolation und Ohnmacht? Es hat keine bleibende Macht über Sie. Wenn Sie auch gerade denken, Sie seien allein und ziemlich am Ende, möchte ich Ihnen ein paar Geschichten erzählen, über die Sie unbedingt nachdenken sollten.
Nun, eigentlich ist es der Apostel Johannes, der diese Geschichten erzählt hat, die ich Ihnen ans Herz legen möchte. Er webte mit seinen Berichten einen Teppich voller W