: Marion Tauschwitz
: Hilde Domin Dass ich sein kann, wie ich bin. Biografie
: zu Klampen Verlag
: 9783866744486
: 1
: CHF 13.80
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 630
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In Marion Tauschwitz' Standardwerk fließen ihre weltweiten Recherchen aus bis dahin unbekannten Quellen sowie aus mehr als tausend Briefen ein. Sie kommt zu u¨berraschenden neuen Erkenntnissen u¨ber Leben und Persönlichkeit Domins, ihre literarische Bedeutung und den männerdominierten Literaturbetrieb. Besonders ergreifend schildert sie Hilde Domins unkonventionelle und äußerst konfliktreiche Ehe mit dem Kunsthistoriker Erwin Walter Palm und wie sich in diesem 56 Jahre währenden geistig stimulierenden, aber auch quälenden 'Lebensgespräch' Hilde Domins Kreativität freisetzte.

Marion Tauschwitz, Jahrgang 1953, studierte Germanistik und Anglistik in Heidelberg. Vor ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin arbeitete sie als Gymnasiallehrerin und Dozentin. Tauschwitz war engste Vertraute und Mitarbeiterin der Lyrikerin Hilde Domin, deren viel beachtete Biografie »Hilde Domin. Dass ich sein kann, wie ich bin« sie zu deren einhundertstem Geburtstag vorlegte. Marion Tauschwitz lebt als freie Autorin in Heidelberg. 2015 wurde sie von der Internationalen Autorinnenvereinigung zur »Autorin des Jahres« gewählt und 2018 in das PEN-Zentrum Deutschland aufgenommen. Bei zu Klampen veröffentlichte sie bisher »Selma Merbaum - Ich habe keine Zeit gehabt zuende zu schreiben« (2014) sowie als Wiederauflagen »Hilde Domin. Dass ich sein kann wie ich bin« (2015) und »Hilde Domins Gedichte und ihre Geschichte« (2016). Es folgte »Das unverlierbare Leben« (2019).

1. KAPITEL


KINDHEIT UND JUGEND


1909 – 1929


Unter den sorgsam ausgebreiteten Fittichen meiner Mutter

Hilde Löwenstein an Erwin
Walter Palm, 29. 3. 1932

Der 27. Juli 1909 versprach kein Sommerwetter. Als sich der Kölner Rechtsanwalt Dr. Eugen Siegfried Löwenstein an jenem Dienstag früh morgens auf den Weg zur Redaktion derKölnischen Zeitung machte, waren die Ausläufer des Tiefs der vergangenen Nacht noch spürbar. In der Pfalz hatte das Unwetter die gesamte Ernte von »Getreide-, Tabak-, Wein- und Hackfrüchte[n] total zerschlagen«.1 Die Luft war mit fünfzehn Grad eher frisch, und auch der Rhein schob sich mit nur mäßiger Wassertemperatur träge an den kaum bevölkerten Rheinufern vorbei. Sein sonst südlich anmutendes, opalisierendes Blau war an diesem Tag unaufregend grau.

: Ereignisse, die eher Anlass zur Sorge gaben.

, wie man es in der Geburtsanzeige lesen würde, oder »morgens um 1.20 Min«4 ihren ersten Schrei hören ließ: Mutter Löwenstein hielt in ihrem Jugendstiltagebuch mit dunkelbraun-goldenem Ledereinband die frühe Morgenstunde als Geburtszeit fest.

Im Alter von siebzehn Jahren hatte sich Eugen zum Jurastudium entschlossen, während sein älterer Bruder Leo in Düsseldorf das Familienunternehmen weiterführen sollte. Emil, der jüngste Bruder, lebte mit Frau und den Kindern Franz und Edith in Berlin.

Die Hürden, um zu dieser Instanz zugelassen zu werden, waren für jüdische Anwälte nahezu unüberwindbar. Eugen Löwenstein war kein Kämpfer, er ließ sich lieber mit einer eigenen Kanzlei nieder. Zum Zeitpunkt seiner Heirat hatte er bereits eine gutgehende Praxis, »hauptsächlich in Wirtschafts- und Handelssachen.«7 Er genoss mit seinem aufrichtigen, zurückhaltenden Wesen h