: Fritz Simon
: Die Kunst, nicht zu lernen Und andere Paradoxien in Psychotherapie, Management, Politik...
: Carl-Auer Verlag
: 9783849783549
: 1
: CHF 21.30
:
: Psychologie: Allgemeines, Nachschlagewerke
: German
: 176
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In unserem Handeln erleben wir permanent den Unterschied zwischen Absicht und Wirkung, zwischen Wollen und Können. Diese Paradoxien in autonomen Systemen sorgen dafür, dass Erziehen, Kurieren und Regieren zu 'unmöglichen' Berufen werden und zeigen dass unsere Vorstellungen von Macht und Ohnmacht revidiert werden müssen. Fritz B. Simon beschreibt diese Revision aus systemischer Sicht und entfaltet ungewöhnliche Ideen und Anregungen, die unseren Alltag und unser Handeln in einem neuen Licht erscheinen lassen.

Fritz B. Simon, Dr. med., Professor für Führung und Organisation am Institut für Familienunternehmen der Universität Witten/Herdecke; Systemischer Organisationsberater, Psychiater, Psychoanalytiker und systemischer Familientherapeut; Mitbegründer der Simon, Weber and Friends, Systemische Organisationsberatung GmbH. Autor bzw. Herausgeber von ca. 300 wissenschaftlichen Fachartikeln und 32 Büchern, die in 15 Sprachen übersetzt sind, u. a.: Der Prozeß der Individuation (1984), Die Sprache der Familientherapie (1984), Lebende Systeme (1988), Unterschiede, die Unterschiede machen (1988), Meine Psychose, mein Fahrrad und ich (1990), Radikale Marktwirtschaft (1992), Die andere Seite der Gesundheit (1995), Die Kunst, nicht zu lernen (1997), Zirkuläres Fragen (1999), Tödliche Konflikte (2001), Die Familie des Familienunternehmens (2002), Gemeinsam sind wir blöd!? (2004), Mehr-Generationen-Familienunt rnehmen (2005), Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus (2006), Einführung in die systemische Organisationstheorie (2007), Einführung in die systemische Wirtschaftstheorie (2009), Vor dem Spiel ist nach dem Spiel. Systemische Aspekte des Fußballs (2009), Einführung in die Systemtheorie des Konflikts (2010), 'Zhong De Ban' oder: Wie die Psychotherapie nach China kam (2011), Einführung in die Theorie des Familienunternehmens (2012), Wenn rechts links ist und links rechts (2013), Einführung in die (System-)Theorie der Beratung (2014), Formen. Zur Kopplung von Organismus, Psyche und sozialen Systemen (2018), Anleitung zum Populismus oder: Ergreifen Sie die Macht! (2019), Der Streit ums Nadelöhr. Körper, Psyche, Soziales, Kultur. Wohin schauen systemische Berater? (2019, zus. mit Jürgen Kriz), Lockdown: Das Anhalten der Welt (2020, zus. mit Heiko Kleve und Steffen Roth).

Einleitung – „Kunst“ kommt von „können“ …


… und nicht von „wollen“,
sonst hieße es „Wulst“!

(Graffiti, Autor unbekannt)

Werde ich gefragt, wie ich als Psychiater und Psychotherapeut dazu kam, mich an system- und kommunikationstheoretischen Modellen zu orientieren, so gebe ich manchmal folgende, einigermaßen wahr klingende Begründung:

Als junger Arzt arbeitete ich in einer großen psychiatrischen Anstalt. Meine Rolle brachte es mit sich, daß ich unter einem ständigen Handlungsdruck stand. Tobende Patienten wurden unter Gewaltanwendung von der Polizei eingeliefert, Ehefrauen brachten ihre gerade für eine viertel Stunde zu einer Entziehungskur motivierten, wie immer betrunkenen Ehemänner, depressive Hausfrauen wollten wieder in die Klinik, weil es ihnen nirgends so gut gegangen sei, wie vor einem halben Jahr bei ihrem letzten Aufenthalt, Bildzeitungs-Reporter – stets an vorderster Front, wenn es darum geht, für das Wohl der Mitbürger zu kämpfen – brachten potentielle Selbstmörder, die ihre Abschiedsbriefe zur Veröffentlichung eingereicht hatten, Passanten lieferten verwirrt und verloren wirkende, vollgetoxte Jugendliche ein usw. Meine Kollegen und ich wurden stets mit großen, erwartungsvollen Augen angeblickt, jedermann wartete darauf, daß wir endlich „etwas tun“, schließlich „mußte etwas geschehen“, denn „so konnte es nicht weitergehen“. Wir sollten oder mußten ständig Schicksal spielen, ob wir wollten oder nicht. Die Situation wurde für uns dadurch erschwert (oder erleichtert – das hing jeweils von der individuellen Einstellung ab), daß wir de facto über ein gehöriges Maß an Macht zu verfügen schienen.

Mir wurde sehr schnell bewußt, daß ich in meiner Rolle fast alles tun konnte (und meist auch tat), ohne irgend etwas zu