Am 18. Oktober 1977 wurde in der Wüste Somalias ein deutscher Mythos geboren: Auf dem Flughafen von Mogadischu befreite die GSG9 aus einer entführten Lufthansa-Maschine 86 Menschen. Es war der erste große Einsatz der Antiterroreinheit, und er machte sie schlagartig weltbekannt. Der Mythos zerbrach 16 Jahre später auf dem Bahnhof von Bad Kleinen, als die Festnahme von RAF-Mitgliedern mit zwei Toten endete, und eine Staatskrise auslöste.50 Jahre nach ihrer Gründung erzählt Martin Herzog von den Anfängen der GSG9, von Erfolgen und Fehlschlägen, aber auch von fragwürdigen Indienstnahmen durch Außenpolitik und Geheimdienste. Gestützt auf Archivrecherchen und Interviews mit Zeitzeug:innen liegt damit erstmals eine fundierte Geschichte dieser mythenumrankten Polizeieinheit vor.
Martin Herzog, 1972, im Gründungsjahr der GSG9, in Aachen geboren. Hat Philosophie, Politik und Geschichte in Köln studiert. Arbeitet seit 30 Jahren als Hörfunk- und Fernsehjournalist und Filmemacher, zunächst für den Belgischen Rundfunk und Radio Aachen, später für WDR, Deutsche Welle und andere ARD-Anstalten, mit dem Schwerpunkt Geschichte. Seit 2003 gehört er zum Autorenstamm der historischen Radio-SendungZeitZeichen< em> im WDR. Im Laufe der Jahre immer wieder Dokumentationen zur Geschichte der GSG9.
Wer zum Mythos möchte, muss einen Umweg nehmen. Die Bundesgrenzschutzstraße führt von der B 56 Sankt Augustin-Hangelar zwischen Wiesen und Buschbewuchs entlang der umzäunten Liegenschaft der Bundespolizeidirektion. Nach einem Kilometer, just bevor die Straße in einem Acker zu enden droht, macht sie einen scharfen Knick nach rechts. Dann steht der Besucher vor dem Haupttor. Die Sicherheitsmaßnahmen: unaufgeregt – Maschendrahtzaun, offener Schlagbaum, Hauptwache. Nach Anmeldung und Umtausch des Personalausweises gegen einen Besucherpass: Begrüßung durch die »Sachbearbeiterin Öffentlichkeitsarbeit«, so heißt die Mitarbeiterin des GSG-9-Leitungsbüros in klassischer Beamtenprosa. Sie ist gelernte Polizistin, trägt aber nicht die blaue Uniform der Bundespolizei, sondern das Olivgrün des alten Bundesgrenzschutzes – so wie die meisten ihrer Kollegen – samt Dienstpistole im Gürtelholster. Ja, auch die Beamten im Innendienst tragen sie ständig, ja, auch der Kommandeur, erklärt sie auf dem Weg zum Auto und bedeutet, man möge ihr hinterherfahren.
Von der Hauptwache sind es kaum hundert Meter geradeaus bis zum Hauptgebäude der GSG 9. Eigentlich. Denn die Straße endet bald vor schweren Betonblöcken. Sicherheitsgründe. Stattdessen führt der Weg zunächst rechts ab und dann anderthalb Kilometer im Karree durch das Kasernengelände, vorbei an Kantine, Unterkünften, Lkw-Stellplätzen und Werkstatthallen der Bundespolizei, bis die Straße schon wieder Richtung Ausfahrt an ein Gelände heranführt, das noch einmal vo