2. Kapitel
Cybil
Ich halte mir die Hand vor den Mund, während ich gähne. Laut meinem Navi bin ich etwa fünf Minuten von dem Hotel entfernt, in dem ich übernachten will. Die Stadt, in der ich mich gerade befinde, sieht meiner Heimatstadt sehr ähnlich. Überall entlang der Hauptstraße sind süße kleine Geschäfte angesiedelt. Bevor ich im Hotel einchecke, möchte ich unbedingt noch eine Kleinigkeit essen.
Ich komme an einigen Fast-Food-Läden vorbei, halte aber nicht an, weil ich weiß, dass sie außer Pommes wahrscheinlich nichts für mich haben. Leider brauche ich heute Abend mehr als ein paar knusprige Stücke vom Himmel. Nachdem ich am Ende der Stadt gewendet habe, biege ich in eine der belebteren Seitenstraßen. Ich entdecke nicht weit entfernt das Schild einesBar& Grill. Da es direkt davor keinen Parkplatz gibt, fahre ich ein einige Meter weiter. Als ich eine ältere Frau sehe, die gerade in ihr Auto einsteigt, seufze ich erleichtert auf.
Ich setze den Blinker. Während ich darauf warte, dass die Frau wegfährt, klappe ich den Kosmetikspiegel der Sonnenblende aus, um mein Make-up zu prüfen. Nachdem ich die dunklen Mascaraflecken unter meinen Augen weggewischt habe, beobachte ich ungläubig, wie ein Truck um mich herum in die Lücke lenkt. Das war mein Platz. Müde, hungrig und verärgert nähere ich mich dem absurd großen Wagen, den Finger auf dem Fensterheber der Beifahrerseite. Der Typ ist besser für die Standpauke seines Lebens bereit.
Zuerst sehe ich nur ein paar Stiefel. Es folgen lange Beine, die in Jeans stecken, und ein muskulöser Oberkörper, der in eine karierte Weste und ein dunkelgrünes T-Shirt gehüllt ist. Der Stoff schmiegt sich eng an die Bizepse des Kerls. Dann sehe ich den Rest von ihm. Mein Atem setzt kurz aus, als ich einen Blick auf sein Profil erhasche: ein kräftiger, von Stoppeln bedeckter Kiefer und eine Nase wie die einer griechischen Gottheit. Zusammen mit seinen vollen Lippen und dem dunklen Haar, das im Licht der untergehenden Sonne fast schwarz wirkt, macht mich sein Anblick einfach sprachlos.
Als er hinter seinem Truck verschwindet, schlucke ich, um die Benommenheit loszuwerden, und fahre weiter. Ich rufe mir ins Gedächtnis, dass es buchstäblich Millionen von gutaussehenden Männern auf der Welt gibt, einschließlich meines Ex. Und die meisten von ihnen sind nicht mal den Dreck unter ihren Stiefeln wert. Nachdem ich zweimal an dem Restaurant vorbeigekommen bin, finde ich endlich einen anderen Parkplatz.
Ich schnappe mir meine Tasche und gehe in die Bar. Sofort fühle ich mich etwas unwohl, weil hier fast niemand allein sitzt. Mit meiner Handtasche über der Schulter warte ich in der Schlange, die sich in der Nähe der Eingangstür gebildet hat. Dabei versuche ich, die neugierigen Blicke der anderen Gäste zu ignorieren. Während die meisten Frauen Jeans und T-Shirts tragen, falle ich mit meinem cremefarbenen Spitzentop, den Schlaghosen aus einem weichen Denimstoff und meinen Keilabsätzen auf. Mein Schlapphut und die vegane Ledertasche mit Fransen, die ich selbst entworfen und mit der Hand genäht habe, machen es nicht besser.
Endlich bin ich an der Reihe und lä