: Ulrike Herwig
: Drei Weihnachtswunder für Lena Engel Roman | Ein charmanter Feel-good-Roman und originelle Adaption von Charles Dickens' Weihnachtsgeschichte
: dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
: 9783423445764
: 1
: CHF 11.50
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: Erzählende Literatur
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Von Zimtzicken und Zauberfeen: ein modernes Weihnachtsmärchen Lena Engel arbeitet in der IT-Branche und ist ein Workaholic. Freizeit, Freunde, Familie - keine Zeit. Und dann dieses lästige Weihnachtsfest! Muss das sein? Lieber durcharbeiten! Ihre Eltern und selbst ihr Freund haben längst resigniert. Da geschieht etwas Ungewöhnliches: Während eines Online-Meetings erscheint wie von Zauberhand ihre frühere beste Freundin und erinnert Lena an ihre Freundschaft und daran, dass sie sich längst mal melden wollte. Jetzt sei es leider zu spät. Lena erschrickt zutiefst. Durch zwei weitere magische Begegnungen werden ihr schließlich Augen und Herz geöffnet und sie erkennt, worauf es im Leben eigentlich ankommt. Wird Weihnachten für Lena und ihre neuen Freunde in letzter Minute doch noch ein Fest?

Ulrike Herwig wurde 1968 geboren und wuchs in Jena auf. Sie studierte Englisch und Deutsch und lebte fast zehn Jahre lang in London. 2001 zog sie mit ihrer Familie nach Seattle, USA, wo sie auch heute noch wohnt. Seit vielen Jahren schreibt sie unter verschiedenen Pseudonymen für Kinder und Erwachsene.

2


Beinahe wäre sie mit einem Typen zusammengeprallt, der als Ratte verkleidet mit einer Sammelbüchse genau vor ihrer Haustür herumlief.

»Eine Spende fürs Tierheim, gute Leute«, rief er in der Manier eines mittelalterlichen Marktschreiers und breitete die Arme aus. »Unsere Tiere wollen auch ein frohes Fest erleben!« Weil er in seinem lächerlichen Kostüm offenbar nicht sah, wo er hinlief, rannte er blind auf Lena zu. Die wich in letzter Sekunde aus und trat prompt in einen Hundehaufen.

»Mann«, fluchte sie. »Pass doch auf.«

Der Typ drehte sich zu ihr um, sein übergroßer Plüschkopf mit den Nagezähnen wackelte. »Hey, du! Magst du Tiere?«

»Eher weniger.« Lena schob sich an ihm vorbei.

»Hey, trotzdem, wie wär’s mit einer Spende?«

Also, der Kerl war irgendwie ganz besonders penetrant. »Tiere sind nicht so mein Ding«, gab sie zurück. »Und speziell Ratten hasse ich total.«

»Ich bin ein Hamster«, kam es beleidigt aus dem Kostüm. »Blöde Kuh.«

»Miez, miez!«, lallte in diesem Moment ein Mann, der mit einem Becher Glühwein in der Hand vom Weihnachtsmarkt herübergetorkelt kam. Er steuerte auf den Hamster zu. »Wills’n Schluck?«

 

Es fing an, stärker zu regnen. Ein Radfahrer schlängelte sich ohne Rücksicht auf Verluste auf dem Gehweg zwischen den Leuten hindurch, ein Auto fuhr durch eine große Pfütze am Straßenrand und Wasser spritzte gegen Lenas Beine. Sie sehnte sich bereits jetzt nach der Stille ihrer Dachwohnung zurück. Irgendwann sollte sie sich aufraffen und aufs Land ziehen, weit weg von allen Menschen. Ein Haus auf dem Land mit exzellentem High-Speed-Internet, das war alles, was sie im Leben brauchte. Ab und zu konnte ja eine Drohne von Amazon auf dem Dach landen und ihr Lebensmittel vorbeibringen. Und die nächsten Nachbarn durften gern in drei Kilometer Entfernung wohnen. Eine herrliche Vorstellung. Andererseits bestand dann natürlich die Gefahr, dass augenblicklich ihre Eltern anrücken würden. Bislang waren alle Versuche ihrer Eltern, sie zu besuchen, fehlgeschlagen, denn Lena schmetterte jeglichen zarten Vorstoß in diese Richtung umgehend ab. Die Wohnung war zu klein, die Gegend zu unsicher, so behauptete sie stets. Ob ihr Vater unbedingt von Taschendieben beklaut, ihre Mutter von rücksichtslosen Radfahrern auf dem Fußweg umgenietet, von Betrunkenen obszön beschimpft und von respektlosen Teenagern mit klebrigen Kaugummis beworfen werden wolle? Ihre Eltern würden mit dem rauen Umgangston in Lenas Viertel nicht klarkommen, so erklärte sie ihnen, denn die beiden wollten ja täglich spazieren gehen und mit den Nachbarn reden und fremde Hunde streicheln und mit der Bäckersfrau darüber schwatzen, wer in letzter Zeit alles gestorben war und was die künstliche Hüfte von Frau Bichel machte und was eigentlich links am Marktplatz gebaut wurde. In Lenas Viertel ging man nur vor die Tür, um Drogen zu besorgen oder seinen Pitbull auszuführen.An diesem Punkt knickten ihre Eltern dann immer ein, Gott sei Dank. Die Vorstellung, die beiden mehr als ein paar Stunden an der Backe zu haben, war für Lena vollkommen unerträglich. Und in einem Landhaus würden ihre Eltern sich unter Umständen den ganzen Sommer lang einnisten!

Außerdem gab es auf dem Land Tiere, fiel ihr ein. Sie hatte eben nicht gelogen, ihre Begeisterung für Tiere hielt sich schwer in Grenzen. Auf dem Land hatte jeder einen Hund oder gar Hühner, diese hinterlistigen Minisaurier mit den spitzen Schnäbeln und dem verschlagenen Blick. Außerdem rannten einem d