2
Ich war überrascht, als es an der Tür klingelte. In den zwei Monaten, die ich mittlerweile in meiner provisorischen Wohnung in der Yrjönkatu in Helsinki lebte, war das noch kein einziges Mal vorgekommen. Sollte ich öffnen? Sicher war es jemand, der mir seine Religion aufschwatzen wollte, und ich hatte wirklich keine Lust, mich mit ihm anzulegen.
Das zweite Klingeln war fordernder. Mit Zeugen Jehovas oder Mormonen würde ich schon fertigwerden, sogar mit Pfadfindern, die ihre Adventskalender verkauften. Zum Glück gab es einen Türspion. Ich bewegte mich lautlos wie ein Luchs, das dritte Klingeln übertönte das Knarren der alten Dielen.
Ich dachte an die seltsame Nachricht, die mich vor zwei Tagen in Kuopio erreicht hatte. Stand ihr Absender jetzt vor meiner Tür?
Die Gestalt wusste sich vor Blicken zu schützen. Sie war groß und breitschultrig, das Gesicht war von einem Basecap und einer Sonnenbrille verborgen, die in der Novemberdunkelheit albern wirkte. Über dem Rollkragenpullover konnte ich immerhin das Kinn erkennen.
Der Mann wich ins Treppenhaus zurück und verschwand aus meinem Blickfeld. War die Sache damit erledigt? Doch da gab mein Telefon, das hinter mir auf dem Tisch lag, einen Signalton von sich. Der Mann war zurückgekommen, er hob die Hand, ich sah einen schwarzen Lederhandschuh und ein Handy.
Ich spürte, wie sich die Härchen auf meiner Haut aufrichteten. Meine geheime Nummer sollte eigentlich nur einigen wenigen Vertrauenspersonen bekannt sein. Vorsichtig, um nicht auf das knarrende Dielenbrett zu treten, schlich ich zu meinem Handy. Eine neueSMS.
Ich weiß, dass du da bist, Ilveskero. Mach auf. Ich bin ein Freund von Teppo Laitio und möchte dir einen Job anbieten.
Kein Name, die Nummer war geheim, wie meine. Dennoch wagte ich es zu antworten.
Wer bist du? Unbekannten mache ich nicht auf.
Ich bereute die Antwort, sobald ich sie abgeschickt hatte. Der Name Teppo Laitio hatte mich unvorsichtig gemacht. Der Hauptmeister der Zentralkripo war seit eineinhalb Jahren tot, aber ich dachte immer noch mindestens einmal in der Woche an ihn, und manchmal war die Sehnsucht unerträglich.
Jemand, der meine Verbindung zu Laitio kannte, war entweder wirklich vertrauenswürdig oder extrem gefährlich.
Die Glock lag im Gefrierfach. Meine Hand schmerzte bei der Berührung mit dem eisigen Stahl, doch ich achtete nicht weiter darauf, sondern steckte mir die kalte Pistole hinten in den Hosenbund und zog den übergroßen Pullover darüber. Sie war nicht geladen, aber das konnte der Besucher nicht wissen. Ich nahm das kleinste Messer aus dem Messerblock und legte es auf die Hutablage, sodass ich es im Notfall schnell zur Hand hatte.
Dann öffnete ich die Tür.
Der Mann stand reglos im Schatten, doch ich spürte seinen Blick auf mir ruhen. Unten im Treppenhaus waren Geräusche zu hören, das Licht ging an.
«Kann ich reinkommen? Was ich zu sagen habe, ist nicht für fremde Ohren bestimmt.»
Die Stimme war ziemlich tief, aber weich, aus den Worten war kein Dialekt und kein ausländischer Akzent herauszuhören. Der Mann überragte mich um fünfzehn Zentimeter, er war also fast zwei Meter groß, schlank, aber breitschultrig. Seine Augenfarbe war durch die Sonnenbrille nicht zu erkennen. Ich schätzte sein Alter auf etwa fünfunddreißig.
Noch konnte ich einen Rückzieher machen, die Tür schließen, das Handy ausschalten und hoffen, dass der