Kapitel 1
Es war das Ereignis der Saison – ein königlicher Ball im Palast von König Georg, zu dem jedes heiratsfähige Mädchen eingeladen war. Und Cinderella würde dabei sein. Sie konnte es kaum glauben.
Einen Tanz, versprach sie sich selbst, während ihre Kutsche auf den Palast zufuhr.Wenn ich nur einmal tanzen kann – und sei es allein –, bin ich glücklich. Ich möchte mich nur daran erinnern, wie es sich anfühlt, frei zu sein, sich im Mondlicht zu drehen, zu drehen und immer weiter zu drehen.
Der Palast war gigantisch, eine Stadt für sich. Cinderella hätte den ganzen Abend damit verbringen können, nur den Hof zu erkunden, in dem ihre Kutsche sie absetzte.
Aber dafür war es Stunden zu spät, so spät, dass niemand sie am Eingang empfing.
Sogar die Hallen im Inneren waren leer, bis auf Dutzende Palastwachen, die mit ernsten Gesichtern ihren Dienst versahen. Cinderella hatte keine Einladung. Als sie auf der Suche nach dem Ballsaal die Prunktreppe hinaufging, wagte sie nicht, eine der Wachen nach dem Weg zu fragen, vor lauter Angst, sie würde sie hinauskomplimentieren.
Ohne den charmanten jungen Mann, der ihr auf der Suche nach dem Fest des Königs begegnete, wäre sie wahrscheinlich die ganze Nacht fröhlich im Palast herumgeirrt.
„Zum Ballsaal geht es hier entlang“, sagte er und berührte sanft ihre Hand.
Erschrocken drehte sie sich um und sah ihn an. Sie hatte eine der Palastwachen erwartet und stellte erleichtert fest, dass er zu den Gästen des Balls gehörte, so wie sie selbst.
„Ich danke Euch!“, erwiderte sie. Ihre Wangen waren bereits warm und vom langen Treppensteigen gerötet, aber nun schienen sie noch mehr zu erglühen.
Wie albern sie aussehen musste. Warum war sie nicht einfach der Musik gefolgt? Ganz in der Nähe vernahm sie Orchesterklänge und das leise, gedämpfte Gemurmel der Gäste des Königs.
Aber der junge Mann wirkte nicht so, als hielte er sie für ein Dummchen. Vielleicht war er aber auch einfach nur höflich. Das könnte seine hochgezogenen Schultern und die steife Haltung erklären. Seine Augen sahen warm und freundlich aus. Als er sich am Eingang zum Ballsaal vor ihr verbeugte, spürte Cinderella ein unbekanntes, aber wundervolles Flattern in ihrer Magengrube.
„Danke“, sagte sie noch einmal und machte instinktiv einen Knicks.
„Würdet Ihr … möchtest du tanzen?“
Cinderella blinzelte. „Du kannst wohl meine Gedanken lesen. Alles, was ich mir für heute Abend gewünscht habe, war ein Tanz. Ich habe schon so lange nicht mehr getanzt, dass ich befürchte, ich weiß nicht mehr, wie es geht.“
Da grinste der junge Mann. Er schien sich zu entspannen, und die Förmlichkeit zwischen ihnen löste sich. Ein Lächeln, so warm wie seine Augen, erhellte sein Gesicht, und er bot ihr seinen Arm. „Dann erinnere ich dich daran, wenn du erlaubst.“
Die nächsten Minuten vergingen wie im Flug. Sie waren wunderschön und berauschend. Schon jetzt wusste Cinderella, dass sie diesen Walzer, der den Saal erbeben ließ und dessen beschwingte Melodie sie von ganzem Herzen genoss, niemals vergessen würde. Sie würde auch nie vergessen, wie ihr Tanzpartner sie ansah, als sei sie die Einzige im ganzen Ballsaal. Hin und wieder bewegte er seine Lippen, als wollte er etwas sagen, überlegte es sich dann aber anders. Ein Wunder, dass sie mit niemandem zusammenstießen. Oder waren sie wirklich die Einzigen auf der Tanzfläche?
Cinderella registrierte es kaum.
Als der Walzer zu Ende war, kam es ihr vor, als erwache sie aus einem wunderschönen Traum. Das Gemurmel von Gesprächen ersetzte die schwungvolle Orchestermusik. Ein Potpourri aus Parfüm verdichtete die Luft. Die Kron