Kapitel 1
Nick
Faith Winter ist das Problem. Sie ist gefährlich. Viel gefährlicher als ihre Mutter. Sie muss aufgehalten werden.
Das stand auf einem Zettel bei den Sachen meines Vaters, in seiner Handschrift. Ich habe ihn erst vor wenigen Minuten gefunden, aber die Worte haben sich bereits in mein Gedächtnis eingebrannt.
Jetzt stehe ich in der Tür meines Schlafzimmers und betrachte die schlafende Faith. Das Mondlicht, das durch das Fenster fällt, taucht sie in seinen blassen Schein. Ihr blondes Haar bedeckt mein Kopfkissen, und ich spüre ihren Duft nach Amber und Vanille wie ein süßes Flüstern auf der Haut.
Die Worte»Sie ist gefährlich« hallen in meinem Kopf wider und fahren mir wie ein Stromstoß durch den Leib. Nicht weil ich der Einschätzung meines Vaters zu irgendetwas vertrauen würde, sondern weil unleugbar genau dies meine eigene Meinung war, als ich Faith aufgesucht habe. Ich hatte vermutet, dass mein Vater ermordet worden war, möglicherweise von ihr.
Und doch, während die Sekunden vergehen, fesselt mich das Bild von Faithin meinem Bett, in das ich sie zum Schlafen eingeladen habe, und verdammt, ich mag sie dort. Ichwill sie dort haben, obwohl ich nie jemand anderen in mein Haus, geschweige denn in mein Bett lasse.
Ich bin besessen von dieser Frau, und wie Faith selbst gestern warnend bemerkt hat, ist Besessenheit gefährlich. Wer fände es nicht gefährlich, mit einer Frau zu schlafen, die man verdächtigt, ihre Mutter und seinen Vater getötet zu haben? Aber das scheint für mich keine Rolle zu spielen. Ich will sie. Ich bin verrückt nach dieser Frau, aber vielleicht bin ich deswegen einfach nur verrückt.
Ich brauche Raum, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Meine Krawatte und mein Jackett, die ich heute Abend in der Merit-Galerie getragen habe, sind weg, und ich kann mich nicht einmal daran erinnern, sie ausgezogen zu haben. Ich erinnere mich aber an Faith. An ihr Lächeln, als sie für ihre Kunst gelobt wurde. Daran dass sie bei der Nachricht von ihrem Erfolg zitterte, obwohl sie keine Frau ist, die zittert. Es sei denn, sie zittert vor Freude.
Und genau diese Gedanken sind es, die mich davon abhalten, mich wieder zu ihr umzudrehen, denn eigentlich will ich vor allem mit ihr in diesem Bett sein. Aber wenn ich mit ihr zusammen bin, sie berühre, sie küsse oder sie einfach nur festhalte, sie sogar in meinem Bett anschaue, bin ich nicht objektiv.
Also stehe ich in der Tür, im Begriff, in das Nebenzimmer zu fliehen, Sekunden von dem Zufluchtsort entfernt, den ich brauche, um meine Gedanken zu zügeln. Aber ich halte wie