2 Modelle, Konzepte und Theorien
Eine Vielzahl von Forschungsarbeiten zeigt, dass erfüllte psychologische Verträge förderlich sind, beispielsweise für die Leistung, die Arbeitszufriedenheit und das Commitment von Mitarbeitenden. Dies ist ein zentrales Argument dafür, die Beschäftigungsbeziehung in Unternehmen bewusst zu gestalten. Dieses Kapitel führt die wichtigsten wissenschaftlichen Grundlagen zum psychologischen Vertrag aus, um zu zeigen, in welchem Kontext sich psychologische Verträge wie entwickeln und welche Konsequenzen daraus entstehen. Aufbauend auf den am häufigsten verwendeten Definitionen des Konzepts werden Forschungsergebnisse zu Kontextfaktoren und Folgen des psychologischen Vertrags berichtet. Diese Forschungsergebnisse dienen in einem weiteren Schritt dazu, auf Ansatzpunkte für die Gestaltung der Beschäftigungsbeziehung im Arbeitsalltag aufmerksam zu machen.
2.1 Inhalt und Struktur des psychologischen Vertrags
Die Wurzeln des Konzepts des psychologischen Vertrags reichen in die Organisationsliteratur der 1930er Jahre zurück (vgl. Roehling, 1997). Zunächst wurde der psychologische Vertrag als Erwartungen umschrieben, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehen und die idealerweise übereinstimmen (z. B. Kotter, 1973). Erst in den 1990er Jahren setzte sich mit der zunehmend intensiveren Forschung eine Definition des psychologischen Vertrags durch, die diesen als Verpflichtungen oder Versprechen versteht, die vor allem der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmenden eingeht (Rousseau, 1989). Das Forschungsinteresse liegt zum einen darin, Inhalte psychologischer Verträge zu systematisieren, und zum anderen die Qualität psychologischer Verträge zu messen. So werden Inhalte des psychologischen Vertrags erkundet und strukturelle Unterschiede zwischen psychologischen Verträgen begründet. Die Qualität des psychologischen Vertrags wird in der Regel dadurch bestimmt, ob Verpflichtungen erfüllt und Versprechen eingehalten werden. Ist dies nicht gegeben, spricht man von einem Bruch oder einer Verletzung psychologischer Verträge (Robinson& Morrison, 2000).
2.1.1 Erwartungen und Angebote
Erwartungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Frühe Definitionen umschreiben den psychologischen Vertrag als Erwartungen, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehen (z. B. Kotter, 1973; Levinson, Price, Munden, Mandl& Solley, 1962; Schein, 1970). Zu den Erwartungen der Arbeitnehmenden zählen normative, ökonomische und kulturell bedingte Erwartungen sowie Erwartungen, die an die Rolle im Arbeitsprozess, das soziale System oder die Arbeitssituation geknüpft sind. Parallel dazu existieren Erwartungen der Organisation oder des Arbeitgebers. Der psychologische Vertrag wird dadurch umgesetzt, dass beide Parteien in einem gegenseitigen Austauschprozess stehen und die an sie gestellten Erwartungen nach Möglichkeit erfüllen.
„Der psychologische oder ungeschriebene Vertrag ist ein Produkt gegenseitiger Erwartungen. Diese sind folgendermaßen charakterisiert: (a) Sie sind weitgehend implizit und unausgesprochen, und (b) sie gehen häufig der Beziehung von Person und Firma voraus. Während viele Merkmale der Arbeit als wichtig genannt wurden und als rechtmäßig betrachtet wurden – angemessene Bezahlung, faire Führung, Arbeitsplatzsicherheit und so weiter –, wur