: Elisabeth Kals, Heidi Ittner
: Wirtschaftsmediation
: Hogrefe Verlag GmbH& Co. KG
: 9783844420166
: Praxis der Personalpsychologie
: 1
: CHF 21.10
:
: Angewandte Psychologie
: German
: 122
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Konflikte gehören im Wirtschaftsleben zum Alltag. Nicht alltäglich ist hingegen ihre nachhaltige Lösung durch psychologische Mediation. Mediation ist ein Verfahren zur außergerichtlichen Lösung dieser Konflikte, in dem die Tiefenstruktur des Konflikts analysiert wird, um gemeinsam zu einer fairen Gewinner-Gewinner-Lösung zu gelangen. Dazu ist es unerlässlich, die hinter den konkurrierenden Positionen stehenden Interessen und Motive aufzudecken, individuelles Gerechtigkeitserleben zu berücksichtigen und Emotionen als wesentlichen Teil des Konfliktgeschehens anzuerkennen. Genau diese Kernelemente psychologischer Mediation werden im Buch vorgestellt. Ein zentrales Anliegen ist es dabei, vorhandene wissenschaftliche Erkenntnisse der Psychologie über die Entstehung und Lösung von Konflikten für die Praxis nutzbar zu machen. Das Buch gibt einen umfassenden Überblick über Methoden und Techniken der psychologische fundierten Wirtschaftsmediation. Ihre Wirksamkeit wird wissenschaftlich begründet, das Verfahren und das ihm zugrunde liegende Phasenmodell werden praxisnah beschrieben. Ein detailliert kommentiertes Fallbeispiel rundet das Buch ab. Letztlich zeigt dieses Buch, dass sich Wirtschaftsmediation nicht nur kurz- und mittelfristig aus betriebswirtschaftlicher Sicht »rechnet«, sondern dass mit der nachhaltigen und psychologisch fundierten Lösung von Konflikten auch langfristig eine neue Unternehmenskultur gestärkt werden kann. Es ist somit auch ein Kompass für diejenigen, die Konflikte im Arbeitsalltag in ihrer psychologischen Struktur verstehen und nachhaltig lösen wollen.

2       Modelle

Konflikte gehören zum privaten wie auch zum beruflichen Alltag. Und trotz der anscheinenden Universalität von Konflikten haben wir es stets mit sehr unterschiedlichen Konstellationen hinsichtlich der beteiligten Konfliktpartner, des Inhalts, des Verlaufs und auch der Folgen zu tun (vgl.Kap. 1.2). Für die psychologisch orientierte Konfliktforschung ist es daher ein zentrales Anliegen, diese Bedingungen zu systematisieren und damit Regelmäßigkeiten, Zusammenhänge und Determinanten der Konfliktentstehung und konstruktiven Lösung herauszukristallisieren. Das folgende Kapitel gibt hinsichtlich der Aspekte und Forschungsstränge, die für den vorliegenden Anwendungskontext zentral sind, einen kurzen Einblick in den aktuellen einschlägigen Kenntnisstand.

2.1      Entstehung und Verlauf von Konflikten

In der psychologisch orientierten Konfliktforschung lassen sich drei thematische Forschungsschwerpunkte abgrenzen, die zwar eng miteinander verzahnt sind, aber doch unterschiedliche Akzentsetzungen erkennen lassen:

  1. Auslöse- und Einflussfaktoren bezogen auf die Entstehung von Konflikten,
  2. Verlauf und Eskalation von Konflikten,
  3. Elemente und Vorgehensweisen konstruktiver Regelungen von Konflikten.

Dabei verschiebt sich vom ersten bis dritten Schwerpunkt die quantitative und qualitative Gewichtung von grundlagen- bzw. anwendungsbezogener Forschung. Dies schlägt sich nicht nur in den untersuchten Fragestellungen nieder, sondern zeigt sich auch in den empirischen Studiendesigns und entsprechend unterschiedlichen Interpretationsweiten und -tiefen der empirischen Befunde.

Im Folgenden werden aus dem reichhaltigen psychologischen Wissensfundus in komprimierter Zusammenschau die wesentlichen Grundlagen der psychologisch orientierten Konfliktforschung skizziert, um darauf aufbauend im dritten Kapitel die Mediation als ein spezifisches Verfahren zur Konfliktregelung, angewandt auf den Wirtschaftskontext, eingehender zu beleuchten.

2.1.1    Woran erkennt man einen Konflikt in der Praxis?

Bei einer inhaltlich differenzierten Auseinandersetzung mit „Konflikten“ fällt auf, dass diesem Begriff eine intuitiv negative Konnotation anhaftet. Zudem wird er im allgemeinen Sprachgebrauch sehr schnell herangezogen bzw. in allen möglichen Wortkombinationen geradezu inflationär verwendet. Hier ist eine differenzierte, systematische Einschätzung dringend angebracht. Denn es müssen, wie inKapitel 1.2 beschrieben, erst verschiedene Bedingungen erfüllt sein, bevor im psychologischen Sinne von einem Konflikt gesprochen wird – unabhängig davon, ob er bereits manifest oder auch „nur“ latent vorhanden ist (vgl. Fietkau, 2000; Glasl, 2004; Kals, Leyendecker& Ittner, 2002; Montada& Kals, 2007; Rubin, Pruitt& Kim, 1994). Dies sind:

Definitionsmerkmale von Konflikten

  1. die subjektiv erlebte Unvereinbarkeit wichtiger Interessen und Ziele,
  2. aufgrund dessen ein Gefühl von Beeinträchtigung oder Bedrohung,
  3. die Zuschreibung der Verantwortung für das (Nicht-)Handeln an den Anderen,

und weiter verschärfend:

  1. trotz des Wissens um die Beeinträchtigungen erfolgt keine Änderung des Handelns.

Dies sei anhan