2 Modelle der Leistungsbeurteilung
Die größte Aufmerksamkeit gilt den gedanklichen Prozessen des Beurteilers
In diesem Kapitel geht es um Erkenntnisse darüber, aus welchen Komponenten die systematische Leistungsbeurteilung in Unternehmen besteht und wie diese zusammenhängen. Im ersten Abschnitt wird ein Überblick über die Komponenten wie beispielsweise Beurteilungsinstrument und beteiligte Personen gegeben. Im zweiten Abschnitt werden drei Modelle zu einem zentralen Bereich des Leistungsbeurteilungsprozesses vorgestellt. Dabei handelt es sich um Vorstellungen darüber, welche gedanklichen (kognitiven) Prozesse im Beurteiler ablaufen. Diese Konstrukte bilden den komplexesten Teil des Leistungsbeurteilungsprozesses. Das erste Modell, das von Brandstätter, ist am wenigsten detailliert, aber dafür sehr praxisnah. Die beiden folgenden Modelle wurden auf der Grundlage der Ergebnisse einer Vielzahl von empirischen Studien entwickelt. Sie bilden den aktuellen Stand der Wissenschaft davon ab, welche Komponenten am Ur teilsprozess beim Beurteiler beteiligt sind und wie sie zusammenhängen. Keines dieser beiden Modelle hat bislang eine endgültige Bestätigung gefunden. Sie bieten aber den Rahmen für neue Forschungsvorhaben. Im letzten Teil des Kapitels werden dann Erkenntnisse zur Qualität der Einschätzungen durch Beurteiler dargestellt.
2.1 Komponenten und Prozess der Leistungsbeurteilung
Die Leistungsbeurteilung ist eines der gut erforschten Gebiete der Psychologie. Ausgehend von Modellen des Urteilsprozesses wie dem von Landy und Farr (1983), das inAbbildung 5 beispielhaft dargestellt ist, gibt es Studien zu allen am Urteilsprozess beteiligten Komponenten.
An Beurteilungen beteiligte Faktoren
Abbildung 5:
Ein Prozessmodell der Leistungsbeurteilung (Landy& Farr, 1983, S. 96, eigene Übersetzung)
Aus der Abbildung wird deutlich, dass für Leistungsbeurteilung nicht nur die beteiligten Personen maßgeblich sind, sondern auch Merkmale der Organisation und der der Bewertung zugrunde liegenden Position sowie das Beurteilungsinstrument mit den für seine Anwendung festgelegten Bedingungen. Es wird ersichtlich, dass Merkmale der Organisation und Position sich nicht nur gegenseitig beeinflussen, sondern auch auf den Zweck der Beurteilung und die Entwicklung und Endfassung des Bewertungsinstruments wirken und ihrerseits durch die aufgrund der Leistungsbeurteilung getroffenen Personalmaßnahmen beeinflusst werden. Die Entwicklung des Beurteilungsinstruments und seine endgültige Form werden außerdem durch den Zweck der Beurteilung und die beteiligten Personen beeinflusst. Das Urteilsinstrument bestimmt ebenso wie der Zweck der Beurteilung auf welche Weise der Urteilsprozess ablaufen soll. Die sequenziell ablaufenden kognitiven Prozesse des Beurteilers (die Kästchen in der „untersten Reihe“ der Abbildung) werden sowohl durch den Zweck der Beurteilung, den Urteilsprozess, das Instrument mit seinen Skalen sowie durch Merkmale der beteiligten Personen beeinflusst. Sie münden in die personelle Maßnahme, die auf der Grundlage der Leistungsbeurteilung ergriffen wird.
Beachte: Bis zu Beginn der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts konzentrierten sich die Bemühungen zur Verbesserung von Leistungsurteilen auf die Entwicklung guter Bewertungsskalen und das Training der Beurteiler (Ilgen, Barnes-Farrell& McKellin, 1993). Erst dann wurde der Schwerpunkt auf die Erforschung der kognitiven Prozesse der Beurteiler gelegt, wobei die Beurteiler als Entscheider gesehen wurden, die soziale (also auf Menschen bezogene) Informationen verarbeiten.
Es wurden verstärkt Modelle der kognitiven Anteile des Urteilsprozesses formuliert. Im Folgenden werden zunächst Modelle des kognitiven Urteilsprozesses dargestellt, bevor auf die Qualität der im Prozess gewonnenen Urteile eingegangen wird.
2.2 Die kognitiven Anteile des Urteilsprozesses
Vier Phasen der Informati