»Bene docet, qui bene distinguit.«
»Gut lehrt, wer die Unterschiede klar darlegt.«
LATEINISCHESSPRICHWORT
Ermutigung
Wir leben in Zeiten der großen Transformation von der Industrie- zur Wissensgesellschaft. Manches verändert sich dabei spürbar. Der weitaus größere Teil dieser Veränderung aber schleicht sich nahezu unbemerkt in unser Leben, in unsere Arbeit, in unsere Kultur und beeinflusst so die Art, wie wir die Welt verstehen. Je bewusster wir uns all dieser Entwicklungen werden, desto erfolgreicher wird die Veränderung verlaufen. Die Verbesserung der Welt ist kein Zufall und kein Schicksal.
Das Neue ist, was den Unterschied macht. Die Innovation, die Überraschung, die Unterbrechung. Es ist jene »schöpferische Zerstörung«, die der Ökonom Joseph A. Schumpeter als die treibende Kraft des Kapitalismus begriff. Aber sie ist natürlich weit mehr als nur auf dessen Varianten oder auch nur auf die Ökonomie begrenzt. »Der Mensch spürt nur den Unterschied«: Dieser Sigmund Freud zugeschriebene Satz macht klar, was wir uns vergegenwärtigen sollten: Wir sehen nicht nur den Unterschied. Wir machen ihn auch. Wir sind der Unterschied.
Wir können gar nicht anders. Das ist das Wesen unseres Bewusstseins. Alles Lernen, Lieben, Verstehen erwächst aus diesem Kern. Jedes Talent und jede Qualität erklärt sich aus dem Unterschied. Wie kommt es dann, dass der Unterschied einen so schlechten Ruf hat?
Vielleicht, weil aus denen, die einst angetreten waren, den Unterschied zu machen, schöpferisch zu zerstören und zu erneuern, Etablierte geworden sind. Und das Establishment sich naturgemäß in Routine übt. Weil es bewahren will, sagt es: Never change a running system, und unterschlägt dabei konsequent die eigentliche Frage: Fürwen läuft das System? Für wen nicht? Auch hier verstellen verborgene Interessen und Moral den Blick. Fragen wir in der Transformation doch vernünftiger: Was soll bleiben? Was soll kommen? Jede Form von Politik lebt davon, einen Unterschied zu machen, nicht etwa in Gleichförmigkeit zu erstarren.
Unterscheiden heißt Erkennen, und Erkennen ist der Anfang des Aufbruchs. Das ist der Unterschied, um den es in diesem Buch geht. Eine Ermutigung, sich nicht vor der Kompliziertheit des Neuen zu fürchten, sondern sich vielmehr klarzumachen, dass Innovationen und Erneuerungen uns helfen, ein besseres Leben zu führen. Und dass dieses bessere Leben unendlich viele Facetten birgt und eben nicht vereinheitlicht werden kann. So ist es auch gegen den furchtsamen, teils auch manipulativen Zeitgeist geschrieben, der Einheit beschwört und Einfalt erhält. Es ist ein Appell für echte Diversität, für die Einzelgerechtigkeit statt vereinfachender Zuschreibungen und Kategorisierungen, wie etwa männlich/weiblich/divers.
Es ist ein Buch für eine Gerechtigkeit, die sich nicht durch Formalitäten, Regeln oder Verallgemeinerungen definiert. Eine menschengerechte Gerechtigkeit ist nicht buchstabentreu. Unterschiede finden sich jenseits der einfachen Antworten.
Dieses Buch fordert auf, alte Regeln zu brechen und an ihre Stelle jene neuen zu setzen