1. KAPITEL
Januar
Der kleine, untersetzte Mann stellte sich zwischen sie und die Eingangstür, damit sie nicht mehr nach draußen blicken konnte. Er sah sie dabei verärgert an.
„Die Tür wird sich nicht öffnen, nur weil Sie sie die ganze Zeit anstarren. Hören Sie auf, hier dumm rumzustehen, und tun Sie gefälligst etwas für das Geld, das ich Ihnen zahle, Zuie.“
Zooey Finnegan war genervt. Milo Hanes, der Besitzer des kleinen Cafés in New York, in dem sie momentan arbeitete, schien es zu genießen, ihren Namen falsch auszusprechen.
Wahrscheinlich hatte Milo schon in seiner Jugend die Kinder auf dem Schulhof tyrannisiert.
Aber damit werde ich schon fertig, tröstete sie sich. In einem Café zu kellnern war nicht unbedingt ihr Lebensziel. Sie befand sich nur in einer Übergangsphase, in der sie schon diverse Jobs ausprobiert hatte. Zooey suchte eine Beschäftigung, die sie reizte oder die ein noch verborgenes Talent in ihr weckte.
Ihre Eltern waren sicher gewesen, dass sie sich mit ganzer Kraft für das Familienunternehmen, eine Möbelfirma, einsetzen würde. Kaum war sie alt genug gewesen, eine Aktentasche zu tragen, als man in ihr schon die künftige Firmenchefin sah. Die Eltern hatten sie aufs College geschickt, damit sie Betriebswirtschaft studierte und mit einem Diplom in den Schoß der Familie zurückkehrte.
Zooey war aber überhaupt nicht auf ein Diplom aus, jedenfalls nicht in Betriebswirtschaft.
Ihre Familie hatte ein Vermögen mit dem Entwerfen und dem Verkauf von stilvollen Möbeln zu bezahlbaren Preisen erworben. Mit einem kleinen Geschäft hatte alles angefangen, aber im Laufe der Jahre war das Unternehmen stark gewachsen. Inzwischen umfasste es diverse Möbelhäuser im ganzen Land.
Obwohl Zooey stolz auf die Leistung ihrer Eltern war, sah sie sich selbst nicht als Geschäftsfrau. Sie hatte keinen Spaß daran, als Einkäuferin oder Verkäuferin zu arbeiten. Wenn es nach ihr ging, so musste das MöbelgeschäftFinnegan’s Fine Furniture ohne sie auskommen.
Sie liebte ihre Eltern, aber sie wollte sich nicht von ihnen unter Druck setzen lassen. Als sie das klar und deutlich sagte, gab es heiße Diskussionen, die schließlich in Streit mündeten. Das wiederum hatte indirekt dazu geführt, dass sie mit Connor Taylor Schluss machte.
In den Augen ihrer Eltern war der zwei Jahre ältere Mann, der sich sehr für das Geschäft interessierte, die perfekte Wahl für Zooey gewesen. Leider nur perfekt für die Firma. Als Zooey ihm von ihrer Entscheidung berichtet hatte, nicht im elterlichen Unternehmen zu arbeiten, hatte er ihr Vorwürfe gemacht: Sie sei verrückt, wenn sie vor einer solchen Zukunft davonliefe.
Spätestens in diesem Augenblick hatte Zooey erkannt, dass Connor sich nicht für die Beziehung zu ihr, sondern hauptsächlich für das Geld ihrer Eltern interessierte. Hätte er sie geliebt, dann hätte er sie unterstützt, egal wie sie ihr Leben gestalten wollte. Selbst wenn das bedeutet hätte, mit ihr in die Wälder zu gehen und sich von Beeren und Wurzeln zu ernähren.
Nachdem sie verkündet hatte, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, gab es einen heftigen Streit mit ihrer Familie und Connor. Schließlich drohten ihre Eltern damit, ihr kein Geld mehr zu geben, und sie brach den Kontakt ab, um ihren eigenen Weg zu finden.
Auf diesem Weg hatte sie bisher Hunde ausgeführt und kurze Zeit für einen Kurierdienst gearbeitet. Jetzt kellnerte sie. Keine dieser Aufgaben schien das zu sein, was sie gesucht hatte. Als Hundesitterin war ihr einer ihrer Schützlinge abhanden gekommen. Beim Kurierdienst hatte sie sich in zwei Tagen dreimal verlaufen, und ihren ersten Lohn im Café hatte Milo gleich einbehalten – als Schadensersatz für das Geschirr, das zerbrochen war, als sie einmal v