: Hans Fischer
: Die Hamburger Südsee-Expedition Über Ethnographie und Kolonialismus
: Berenberg Verlag GmbH
: 9783949203367
: 1
: CHF 10.50
:
: Ethnologie
: German
: 288
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Hans Fischer, einer der bedeutendsten deutschen Ethnologen, dokumentierte in diesem erstmals 1981 erschienenen Buch eine für die Interessen des deutschen Kolonialismus besonders aufschluss­reiche ­»völkerkundliche« Unternehmung: Anhand der von 1908 bis 1910 von Hamburger Kaufleuten und dem ­Senat der Hansestadt ausgerichteten Südsee-Expedition zeigt sich, wie Wirtschafts­interessen, Kolonialpolitik und Rassismus eine auch von ehrlichen Forschungsinteressen getragene ­Unternehmung beeinflussten und ihr eine historische Besonderheit verliehen. Angesichts der Debatten über das, was in europäische Museen gehört oder als Raubgut zurückgegeben werden soll, ist dieser Bericht aus der kolonialistischen ­Praxis von großer Aktualität. »Die Teilnehmer der Südsee-Expedition sind der Spiegel, in dem wir uns selbst erkennen, unsere Grenzen und Begrenzungen, unsere Selbstüberheblichkeit und Beschränktheit, unsere Rücksichts­losigkeiten und Unfähigkeiten und unsere Arroganz in der Meinung, wir hätten die besseren und richtigeren politischen und wissenschaftlichen Anschauungen. Wer seine eigenen Fehler in der Geschichte nicht wiederfindet, der findet sie auch heute nicht.«?Hans Fischer

Hans Fischer, 1932-2019, war ein deutscher Ethnologe. Von 1967 bis 1998 lehrte er als Professor am Seminar für Völkerkunde (heute Institut für Ethnologie) der Univer­sität Hamburg, von 1967 bis 1971 war er Direktor des Hamburgischen Museums für Völkerkunde (heute Museum am Rothenbaum), von 1973 bis 1975 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde (heute Deutsche Gesellschaft für Sozial- und Kulturanthropologie).

1. Vorwort


Früh, genau und aus kritischer Distanz beschrieb Hans Fischer in seinem erstmals 1981 veröffentlichten Buch Verflechtungen von Kolonialismus und Wissenschaft an dem konkreten Beispiel der Hamburger Südsee-Expedition. Diese wissenschaftlich konzipierte Schiffsreise in deutsche Kolonialgebiete des Pazifiks (im ersten Jahr »Melanesien«, im zweiten »Mikronesien«) fand in den Jahren zwischen 1908 und 1910 statt. Georg Thilenius, Museumsdirektor und Organisator, verfolgte mit der Expedition zweifellos mehrere Interessen: die des damaligen Hamburger Museums für Völkerkunde, der Völkerkunde als sich abgrenzender wissenschaftlicher Disziplin, der Hansestadt Hamburg (mit ihren Handelshäusern, Reedereien und Banken) und der damaligen deutschen Kolonialpolitik. Hans Fischers Analyse dieser komplizierten Gemengelage ist auch nach vierzig Jahren aktuell und lesenswert.1 Er trägt nicht bloß zur Geschichte der Disziplin in der Ära des Kolonialismus-Imperialismus bei, sondern zeigt als Ethnologe und ehemaliger Direktor des genannten Völkerkundemuseums, wie und wo der koloniale Kontext die, ihrem Anspruch nach, wissenschaftliche Forschung, ihre Methoden und Ergebnisse durchdrang und prägte.

Hans Fischers Auseinandersetzung mit der kolonialen und nationalsozialistischen Vergangenheit der Ethnologie, sowohl in Publikationen (1990) als auch in der Lehre, regte weitere Forschungen an. Er schrieb, »dass Wissenschaft in politischen Zusammenhängen abläuft, ist keine neue Erkenntnis. Wie das im Einzelnen und für den Einzelnen aussieht, wird schon seltener untersucht.« (S. 30) Solche Einzelfallstudien stieß Hans Fischer mit seinen Arbeiten an, sie prägten ganz wesentlich die deutschsprachige Diskussion der Geschichte der Ethnologie in den 1980er und 90er Jahren. Am Hamburger Institut für Ethnologie entstanden Magisterarbeiten über einzelne Persönlichkeiten