Kapitel 2
Brandung
Spiegelneuronen
Es war deine Idee. Denn meine erotische Fantasie war bereits in Erfüllung gegangen, als du mich zum ersten Mal geküsst und mir ins Ohr geflüstert hast, dass du mich vögeln willst. Bis dahin hatte ich mir nur vorgestellt, wie es sich anfühlen würde, wenn deine Zunge die meine berühren würde, und vor allem wie es wäre, wenn du mit deinem harten Glied in meine Mitte stechen würdest. Jetzt, wo ich weiß, wie es sich anfühlt, fange ich an, wie heiß gewordene Butter zu schmelzen, wenn ich nur an dich denke, und ich warte nun auf den fehlenden Schlüssel zur Ekstase, den du alleine besitzt und den du nur noch in mein Schloss zwischen den Schenkeln hineinzuschieben brauchst. Ja, du bist der Einzige, der mich so tief in meinem innersten Kern berühren und umwühlen kann. Du kannst mit deinem Zauberstab meine harte Schale durchbrechen und mich so durchschütteln, dass ich das Gefängnis meines kleinen Körpers verlassen kann, um hoch hinauf zu fliegen, bis ich glaube, auch flüchtig, mit dir verschmolzen zu sein. Das ist der höchste, heiligste Moment, in dem ich mich und dich vergessen und im Kosmos schweben kann, verstehst du das? Deshalb brauche ich keine anderen geheimen Wünsche, ist es für dich langweilig?
Aber du hast es dir gewünscht, und ich, die ich Hals über Kopf in dich verliebt bin, mache alles, was du von mir verlangst. Willst du also tatsächlich sehen, wie ich vor deinen Augen von einem fremden Mann gevögelt werde? Willst du, dass ich dabei zusehe, wie du neben mir eine andere besteigst? Ich hätte die Idee früher bestimmt aufregender gefunden, ich wäre neugieriger gewesen, zu erfahren, wie ich selbst darauf reagieren würde, ob ich es auch als geil empfinden würde, von dir beobachtet zu werden, wie ich mit dem Schwanz eines anderen spiele, oder ob ich doch nicht eifersüchtig würde beim Anblick deines Körpers über einer anderen Frau. Ich bin aber jetzt so auf dich fixiert, dass der Gehalt der Lust sich stark verändert hat. Früher stand das körperliche Verlangen viel mehr im Vordergrund, es diktierte mein Verhalten mehr als mir lieb war. Das fast zwanghafte Gefühl, den Durst mit einem fehlenden, männlichen Teil stillen zu müssen, trieb mich oft zu leichtsinnigen Affären. Aber seitdem ich dich kenne, ist die Lust ganz anderer Natur. Wir schütteln mit unseren Kleidern alles andere vom Leib ab, um nur füreinander und ineinander zu sein. Wenn du in meine Mitte stichst, da wo es vor Sehnsucht nach dir fast brennt, dringst du tief in die Seele ein, ich werde dann mit dir so gefüllt, dass ich vergesse, sonst isoliert in meiner Haut zu stecken. Weißt du, ich schmelze täglich in Gedanken an dich, du solltest dich nicht wundern, wenn du bald nur noch eine Pfütze vor dir finden würdest. Was hast du denn bloß mit mir gemacht, wie machst du das, dass ich so verrückt nach dir bin?
Seitdem ich diese heilige, intime Zeit mit dir haben darf, nehme ich keine Männer mehr wahr – schon gar nicht als mögliche Sexpartner. Könnte ich da, meinst du, tatsächlich vor deinen Augen eine Frau spielen, die einfach geil den Schwanz eines Fremden gierig empfängt? Und könnte ich eine voyeuristische Neigung in mir entdecken, wenn ich dabei zusehe, wie du es genießt, dass eine fremde Frau an deinem Penis lutscht? Werde ich möglicherweise von Wetteifer beseelt meine Technik zum Besten geben für einen fremden Mann, um dich eifersüchtig zu machen? Ich habe keine Ahnung, aber es ist vielleicht besser so, denn ich bekomme vielleicht Schiss, wenn ich es mir zu konkret vorstelle. Ich komme einfach mit dir, weil es dein Wunsch ist.
Du hast gesagt, wir seien in einem Hotel in Wien verabredet. Ich habe eine lange Reise hinter mir, sehe ich nicht allzu mitgenommen aus? Sollte ich lieber noch mal vor dem Spiegel kontrollieren, ob ich mich so sehen lasse